Fidel kommt nicht zurück: Chávez verkündet Castros Abgang
Der Gesundheitszustand des kubanischen Revolutionsführers hat sich offenbar drastisch verschlechtert. Hugo Chávez sagt, Fidel werde nicht zurückkehren.
BERLIN taz Der Gesundheitszustand von Kubas Revolutionsführer Fidel Castro, 82, hat sich offenbar drastisch verschlechtert. Es war Venezuelas Präsident Hugo Chávez, seit Jahren De-Facto-Nachfolger Castros als charismatische Figur der lateinamerikanischen Linken, der ausschloss, dass Fidel noch einmal in der Öffentlichkeit zu sehen sein würde: "Jener Fidel, der im Morgengrauen in seiner Uniform durch die Straßen und Dörfer zieht und die Menschen umarmt, wird nicht zurückkehren", formulierte Venezuelas Präsident Hugo Chávez am vergangenen Sonntag in seinem Programm "Aló Presidente". Weiter sagte Chávez: "Fidel wird für immer leben, über seine physische Existenz hinaus."
Das klingt wie ein Nachruf und ist wohl auch so gemeint. Zwar gibt es keinerlei offizielle Angaben über die Gesundheit des kubanischen Expräsidenten. Doch hatte Castro im vergangenen Jahr alle drei bis vier Tage in der Parteizeitung Granma unter dem Titel "Reflexionen des Compañero Fidel Castro" einen Meinungsbeitrag veröffentlicht, der letzte Beitrag datierte vom 15. Dezember. Rund um den 1. Januar, immerhin den 50. Jahrestag der kubanischen Revolution, war von Castro kein Wort zu hören oder zu lesen. Auch die zu den moderat gehaltenen Feierlichkeiten angereisten Staatsgäste wie etwa Ecuadors linker Präsident Rafael Correa oder Panamas Präsident Martín Torrijos konnten Castro nicht am Krankenlager besuchen, wie es in den vergangenen Jahren üblich war, seit sich Castro im August 2006 wegen einer Darmoperation von seinen Amtsgeschäften zurückgezogen hatte. Die letzten Gäste, die Castro empfangen hat, waren im November der chinesische Präsident Hu Jintao und der russische Präsident Dmitri Medwedjew - von diesen Besuchen stammen auch die letzten veröffentlichten Fotos des ehemaligen máximo líder.
In Internetforen, die sich mit Kuba beschäftigen, und in der exilkubanischen Szene in Miami sind die Nachrichten dennoch mit Vorsicht aufgenommen worden. Zu oft war in der Vergangenheit schon über den angeblich unmittelbar bevorstehenden Tod des Comandante spekuliert worden. Zumal die formale Übergabe der Macht auf Kuba bereits größtenteils abgeschlossen ist: Seit Februar 2008 besetzt Fidels jüngerer Bruder Raúl Castro offiziell das Präsidentenamt, und auch vorher hatte trotz Fidels Präsenz in den Printmedien des Landes niemand mehr damit gerechnet, er könnte wieder all seine alten Funktionen übernehmen.
Dennoch schien sich kubanische Politik seither als Kompromiss zwischen den Reformvorhaben Raúl Castros und dem Beharrungsvermögen und noch vorhandenem Einfluss seines Bruders zu formulieren - ein radikaler Wandel blieb aus. Sollte sich in den nächsten Tagen bestätigen, was Chávez Andeutungen vermuten lassen, dann könnte sich durch das Zusammentreffen von Castros Tod mit dem Amtsantritt Barack Obamas in den USA eine neue Veränderungsdynamik ergeben. Bei ihrer Anhörung im US-Senat hatte die designierte US-Außenministerin Hillary Clinton gesagt, die Regierung Obama hoffe darauf, dass die kubanische Regierung den Machtwechsel in Washington als Chance begreife. Zwar haben weder Clinton noch Barack Obama angekündigt, das seit 1962 bestehende Wirtschaftsembargo aufzuheben. Da wesentliche Teile der Embargo-Maßnahmen Gesetzesrang haben, wären dazu ohnehin parlamentarische Mehrheiten nötig.
Die kubanische Regierung ihrerseits gab am Montag weitere kleine Öffnungsschritte bekannt: Um die schwierige Situation des Transportwesens zu erleichtern, sollen nun wieder Taxi-Lizenzen an private Autofahrer ausgegeben werden.
BERND PICKERT
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