Festsaal Kreuzberg: Hoffentlich nicht ganz verloren

Die Betreiber des am Wochenende ausgebrannten Festsaals Kreuzberg hoffen auf Wiedergeburt. Brandursache wohl technischer Defekt. Konzertbetrieb wird umgeleitet.

Die Löscharbeiten am Festsaal Kreuzberg. Bild: Jörg Carstensen, dpa

„Bitte keine Nachrufe mehr – es gibt uns noch!“ Mit diesem Facebook-Appell an die Fangemeinde machen die Betreiber des Festsaals Kreuzberg am Montag klar, dass sie nicht von der Bildfläche verschwunden sind. „Wir machen auf jeden Fall weiter mit unseren Konzerten und Partys – nur eben erst einmal woanders“, sagte Mitbetreiber Christoph Nahme der taz. Aktuell versuche man, alle geplanten Veranstaltungen auf andere Locations umzuleiten. Das für den heutigen Dienstag angekündigte Konzert von Thee Oh Sees habe man ins Lido verlegen können, auch andere befreundete Clubs hätten spontan Aufnahmebereitschaft für bereits gebuchte Acts signalisiert.

„Wir haben viel Hilfe von allen Seiten erfahren, das war sehr rührend“, sagte Nahme. Jetzt müsse man erst einmal weitersehen. „Wir geben die Hoffnung nicht auf, den Club wieder an alter Stelle zu errichten. Schließlich stehen die Grundmauern noch“, gab sich Nahme optimistisch.

In der Nacht zum Sonntag brannte der Club am Kottbusser Tor fast vollständig aus. 300 Feuerwehrleute waren die ganze Nacht im Einsatz, erst am frühen Sonntagmorgen konnte das Feuer gelöscht werden. Ein Feuerwehrmann wurde leicht verletzt, Menschen kamen sonst nicht zu Schaden. Das Feuer brach zwei Stunden vor einer geplanten HipHop-Party aus. Am Montag ermittelten Brandschutzkommissare der Polizei in der Ruine. Polizeiangaben zufolge war vermutlich ein technischer Defekt im Technikraum neben der Bühne die Brandursache. Weil der Ort so stark beschädigt sei, könne man nach gegenwärtigem Kenntnisstand aber noch nichts Genaueres sagen.

In den kommenden Tagen sollen die zuletzt im Raum anwesenden Techniker und auch Anwohner befragt werden. Hinweise auf Brandstiftung habe man nicht gefunden. Die Brandstätte wurde am Montagnachmittag vorläufig freigegeben – in den kommenden Tagen werden Gutachter der Bauaufsicht und der Versicherung das genaue Ausmaß des Schadens in Augenschein nehmen.

Kleines Party-Konsortium

Bis feststeht, wie stark die Bausubstanz geschädigt ist und was der Brand finanziell für die Veranstalter bedeutet, geht man an der Skalitzer Straße noch davon aus, den Festsaal nach einer Grundrenovierung irgendwann wieder in Betrieb nehmen zu können. Für die Betreiber, die mit dem Festsaal, Monarch und der Palomabar in den vergangenen neun Jahren ein kleines Party-Konsortium am Kottbusser Tor aufgebaut haben, ist der Festsaal das Herzstück.

Der ehemalige türkische Hochzeitssaal war von den vier Exil-Göttingern Björn von Swieykowski, Christopher Schaper, Ingo Ohm und Christoph Nahme vor neun Jahren ausgebaut worden: zu einem Ort für Konzerte, Lesungen, politische Diskussionen und sogar Box- und Wrestling-Veranstaltungen. Schnell etablierte sich der Festsaal bei einheimischem und touristischem Publikum. Hier lasen und spielten unter anderem Harry Rowohlt, Rocko Schamoni oder Peaches. Zusammen mit den befreundeten Orten Möbel Olfe und dem West Germany etablierte man die Gegend rund um das Kottbusser Tor als Ausgehmeile und ebnete neueren Projekten wie dem Südblock den Weg.

Richard Stein, der die Kneipe Möbel Olfe und den Südblock in der Nähe des Festsaals mitbetreibt, sagte, wegen des vielen Qualms habe er zunächst gedacht, das Reifenlager einer Werkstatt an der Skalitzer Straße sei in Flammen aufgegangen. Als er mitbekam, dass es den Festsaal getroffen habe, sei er „unheimlich geschockt“ gewesen. „Das war ein wunderbarer Ort mit besonderer Geschichte – hoffentlich haben wir ihn nicht ganz verloren“, sagte Stein und kündigte an, dem Festsaal-Team unter die Arme zu greifen, „mit allem, was gebraucht wird“.

An Solidarität fehlt es den Ausgebrannten nicht. Der Konzertbetrieb wird erst einmal weitergehen. Beim Konzertveranstalter Trinity, der für viele Bands den rund 600 Plätze fassenden Festsaal buchte, heißt es, die großen Berliner Konzertveranstalter würden sich gegenseitig unter die Arme greifen, um kein Konzert absagen zu müssen. „Das ist wie in einer großen Familie – wenn so eine Tragödie passiert, dann halten alle zusammen“, sagte eine Trinity-Mitarbeiterin.

Am Dienstag wollen sich die vom Brand Betroffenen erstmals nach dem Schock zusammensetzen und über die Zukunft beraten.

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