Fehlverhalten beim Führungspersonal: Machtmissbrauch und Mobbing
Was tun, wenn Führungspersonal nicht korrekt mit Mitarbeitern umgeht? Die Max-Planck-Institute wollen sich einen Handlungsleitfaden geben.
Der Jahresrückblick wird 2018 für die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) nicht ganz so glorreich wie gewohnt ausfallen. Dies liegt weniger an den wissenschaftlichen Leistungen, sondern an Umständen, unter denen sie produziert werden. Fälle von Mobbing und Machtmissbrauch durch Führungspersonen wurden an zwei Instituten bekannt, die für erhebliche Unruhe sorgten. Inzwischen hat die MPG-Zentrale in München Konsequenzen gezogen.
Betroffene unter den rund 5.000 MPG-Doktoranden hatten Anfang des Jahres, zunächst anonym, über einen Artikel im Spiegel auf die Situation am MPI für Astrophysik (MPA) in Garching bei München aufmerksam gemacht. Die dortige Direktorin habe wissenschaftliche Mitarbeiter fortgesetzt drangsaliert und herabgesetzt. Das Onlinemagazin Buzzfeed Deutschland machte später den Namen publik und veröffentlichte im August einen zweiten Fall am Leipziger Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, der zudem über das führende Wissenschaftsjournal Science auch international Beachtung erlangte.
Das bundesweite Netzwerk von Doktorandinnen und Doktoranden der Max-Planck-Institute „PhDnet“ sah in den Vorwürfen „nur die Spitze des Eisbergs“. Nach den ersten Veröffentlichungen hätten sich 30 Wissenschaftler aus einem halben Dutzend anderer Institute mit ähnlichen Vorwürfen gegen Direktoren gemeldet. Wie eine #MeToo-vergleichbare Umfrage in der internationalen Astronomen-Community zeigte, gibt es solche Fälle von wissenschaftlichen Fehlverhalten auch in anderen Ländern.
Das deutsche Doktoranden-Netzwerk formulierte ein Positionspapier zu „Machtmissbrauch und Konfliktlösung“ (pdf-Datei). Darin wird gefordert: „Jede wissenschaftliche Führungspersönlichkeit in der MPG, die mit der Betreuung von Doktorand_innen betraut ist, muss verpflichtende und regelmäßige Führungstrainings absolvieren, die Module zu Kommunikation, Konfliktlösung und Betreuung beinhalten“, lautete eine der Forderungen zur Prävention.
„Coaching wirkt“
MPG-Präsident Martin Stratmann hielt die „Anlaufstellen und Instrumente im Umgang mit Fehlverhalten auf Führungsebene“ in ersten Reaktionen prinzipiell für ausreichend, zeigte sich aber „offen für sinnvolle Ergänzungen und Nachjustierungen“.
Wie eine Sprecherin der MPG-Zentrale in München jetzt auf Anfrage der taz mitteilte, sei der MPA-Direktorin Guinevere Kauffmann bereits 2016 ein Coaching angetragen worden, das sie nach wie vor in Anspruch nehme. „Wir haben intern klare Hinweise, dass das Coaching wirkt“, so die Sprecherin, die zudem „die identifizierende Berichterstattung von Buzzfeed auch nicht für zulässig“ bezeichnete.
Erhebliches Fehlverhalten
Zur Klärung der gegen die Leipziger Neurowissenschaftlerin Tania Singer erhobenen Vorwürfe habe der Präsident im September 2018 eine Kommission eingesetzt. Diese habe im November ihren Bericht vorgelegt, „der erhebliches Führungsfehlverhalten bestätigt“, erklärte die Sprecherin.
„Die Max-Planck-Gesellschaft und Frau Singer haben vereinbart, dass sie ihre Leitungsfunktion als Direktorin von sich aus niederlegt“. Sie werde ihre Tätigkeit „als Wissenschaftlerin ohne Leitungsfunktion außerhalb des Leipziger Instituts in kleinem Rahmen fortsetzen“.
Die Max-Planck-Gesellschaft hatte bereits im Sommer 2018 eine externe Kanzlei beauftragt, an die sich Betroffene in Fällen von Machtmissbrauch, Mobbing oder sexueller Belästigung wenden können und die Vertraulichkeit sicher stellen soll, erklärte die Sprecherin gegenüber der taz weiter. „Die Betroffenen können selbst entscheiden, ob sie anonym bleiben möchten und ob ihre Hinweise weitergeleitet werden sollen.“
Wie Fälle von Machtmissbrauch in der MPG generell künftig sanktioniert werden sollen, sei derzeit Gegenstand interner Diskussionen. Im kommenden Jahr solle dazu „ein entsprechender Handlungsleitfaden“ vorgelegt werden. Präsident Stratmann will zudem in Erfahrung bringen, „ob es sich hier um Einzelfälle handelt oder um ein systemisches Problem“.
Dazu soll es eine wissenschaftlich gestützte Umfrage durch externe Dritte geben, deren Ergebnisse ebenfalls erst in 2019 vorliegen werden. Die MPG will die Ergebnisse dann auch öffentlich machen.
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