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Fehlgeburt auf Instagram publik gemachtHilaria Baldwin bricht ein Tabu

Die Yogalehrerin und Mutter von vier Kindern spricht offen an, dass sie eine Fehlgeburt erwartet. Oft schweigen Frauen darüber.

„Es gibt so viel Heimlichtuerei über das 1. Trimester“, schreibt Baldwin. „Für mich ist das erschöpfend“ Foto: imago-images/Pacific Press Agency/Lev Radin

Hilaria Baldwin hatte eine Ahnung. „Ich möchte mit euch teilen, dass ich wahrscheinlich eine Fehlgeburt erlebe“, schrieb die 35-Jährige auf Instagram. Der Embryo habe einen schwachen Herzschlag und wachse sehr wenig. Am Mittwoch bestätigt sich ihre Befürchtung. „Heute war auf dem Scan kein Herzschlag zu sehen“, postet sie auf der Plattform. „Es ist also vorbei.“

Hilaria Baldwin ist nicht nur Yogalehrerin und Mutter von vier Kindern, sondern auch Autorin des Selbsthilfe-Buches „The Living Clearly Method“, in dem sie Tipps für ein gesundes Leben gibt. Außerdem ist sie Gastgeberin des Podcasts „Mom Brain“ und nebenbei auch noch Ehefrau des US-Schauspielers Alec Baldwin. Gemeinsam leben sie in einem Gutshaus aus dem 18. Jahrhundert auf Long Island, einer zu New York gehörenden Insel.

Während ihr Mann in Filmen wie „Mission: Impossible – Fallout“ oder „A Star Is Born“ zu sehen ist, zeigt sie sich und ihr Leben auf ihrem Instagram-Profil. Über eine halbe Million Follower*innen hat sie da. Mit ihnen teilt sie Fotos ihrer Kinder, von Familienausflügen mit ihrem Mann oder von Yoga-Übungen. Mal sind die Bilder unscharf, mal schlecht belichtet, nur wenige sind mit Filtern versehen. Das ist nicht nur untypisch für die Plattform, sondern lässt Baldwin auch nahbar erscheinen. Wäre nicht das ein oder andere Foto in Abendrobe auf dem roten Teppich dabei, sie könnte eine gutbürgerliche Insta-Mom ohne Promi-Status sein.

Deswegen passt es, wenn sie schreibt: „Ich war immer offen mit euch über meine Familie, meine Fitness, meine Schwangerschaften […], also will ich auch das nicht vor euch verheimlichen, auch wenn es nicht so positiv und schimmernd wie der Rest ist.“ Sie denke, es sei wichtig, die Wahrheit zu zeigen, schreibt sie weiter, um das Stigma von Fehlgeburten zu nehmen.

Das Schweigen brechen

Denn über das Thema wurde und wird geschwiegen. Die Folge: Es entstand der Eindruck, es würde nur selten Fehlgeburten geben. Dabei passieren sie recht häufig, je nach Quelle bei jeder fünften oder gar bei jeder dritten Schwangerschaft. Meist kommt es in den ersten zwölf Wochen zum Abort. Paare sind deswegen oft dazu angehalten, ihr Glück in dieser Zeit noch für sich zu behalten.

Hilaria Baldwin hat darauf keine Lust. „Es gibt so viel Heimlichtuerei über das erste Trimester“, schreibt sie. „Das mag für einige funktionieren, für mich ist es erschöpfend.“ Sie will mit ihrer Ehrlichkeit auch andere Personen, die diese Erfahrungen machen, dazu ermutigen, darüber zu sprechen.

Das Schweigen zu brechen ist auch bei diesem Thema wichtig. Denn nur, wenn Betroffene sich über ihre Erfahrungen austauschen, wird deutlich, dass sie nicht alleine sind. Optimalerweise entlastet das die Betroffenen von Schuld- oder Versagensgefühlen. Dass es gerade in solchen Momenten vor allem auf den Rückhalt ankommt, den man von seinem Umfeld – und auch von der Gesellschaft – erfährt, zeigt Baldwin mit ihrem Post. „Ich bin von so viel Liebe umgeben und habe das Gefühl, Glück zu haben“, schreibt sie. Das wünscht man doch allen Betroffenen.

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3 Kommentare

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  • Ich hatte vor fast 40 Jahren 2 Fehlgeburten und weder damals noch seitdem das Gefühl, dass darüber nicht gesprochen werden darf. In meinem Umfeld wwebird mit dem Thema ganz offen und gleichzeitig einfühlsam umgegangen. Mag in den USA anders sein.

  • 9G
    93649 (Profil gelöscht)

    Das Fehlgeburten verschwiegen werden, mag ein Problem in den USA sein, hier in Deutschland nach meiner Erfahrung sicher nicht. Der US-amerikanische Kulturimperialismus nervt.

  • Das Gefühl, auch an dunklen Tagen noch „Glück zu haben“, wünsche ich persönlich (fast) allen, die Verluste oder Fehlschläge verkraften müssen. Schon deswegen bin ich immer bereit, mich mit Betroffenen austauschen über gemachte Erfahrungen. Auch und gerade dann, wenn sie nicht glänzen. Das Leben besteht nun mal nicht nur aus Sonnentagen. Die Natur ist ausgesprochen experimentierfreudig und verschwenderisch. Schon Goethes Prometheus wusste, dass nicht alle „Blütenträume“ reifen. Manche Kombination passt einfach nicht.

    Leuten aber, die mit Verweis auf ein irgendwie geartetes „Image“ oder einen möglichen Missbrauch mehr oder weniger laut warnen davor, auch über unschöne Dinge offen zu reden, können mir mal im Mondschein begegnen. Grade in Phasen, in denen es mir nicht gut geht, kann ich Leute, die mit zusätzlich Angst einreden wollen, gar nicht gebrauchen. Die wollen nicht mein „Bestes“, sondern nur ihren persönlichen Vorteil. Sie wollen, dass ich mich schuldig, wie Versager und vor allem einsam fühle, damit sie mich um so leichter manipulieren können.

    Wir sind keine Sterne, Leute. Wir sind Menschen. Es ist nicht unsere Aufgabe, permanent zu glänzen oder alles Licht zu absorbieren. Unsere Aufgabe ist es, miteinander klar zu kommen. Und zwar auch dann, wenn‘s grade irgendwie schwierig ist. Wer uns was anders einreden will, der wäre womöglich gerne selbst ein mächtig-gewaltiges Schwarzes Loch. Er ist in Wahrheit aber nur ein ganz gewöhnliches A… - ach, lassen wir das. Das sind sie einfach nicht wert.