"Fehlende Empathie": Einladung ausgeschlagen
Die Angehörigen des Hamburger Mordopfers Süleyman Tasköprü wollen nicht zum Bundespräsidenten kommen.
HAMBURG taz | Nein, Aysen Tasköprü wird Joachim Gauck nicht die Hand reichen. Für kommenden Montag hat der Bundespräsident die Hinterbliebenen der Mordopfer des rechtsextremen Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) eingeladen. Die Schwester des Hamburger NSU-Opfers Süleyman Tasköprü sagt ab – denn sie darf keinen Rechtsbeistand mitbringen. „Es wäre emphatisch von Ihnen gewesen“, schreibt sie an den Bundespräsidenten, „nicht darauf zu bestehen, dass ich alleine ins Präsidialamt komme.“ So aber fühle sie sich dem „nicht gewachsen“ – nun kommen weder sie noch der Rest von Tasköprüs Familie.
In dem Schreiben schildert die 39-Jährige das Leben der Familie nach dem Tod ihres Bruders, skizziert persönliche und berufliche Beeinträchtigungen. Aber sie schreibt auch, dass Gauck ihr Bruder „doch nur wichtig“ sei, weil es sich beim NSU um ein politisches Thema handele – „Glauben Sie, es hilft mir, wenn Sie betroffen sind?“
Fehlende Empathie für die Opfer der Mordserie war auch schon früher beklagt worden, etwa bei der Gedenkfeier für den ermordeten Tasköprü ein Jahr nach der zufälligen Aufdeckung der NSU-Umtriebe. In Hamburg-Bahrenfeld, in der Schützenstraße 43–45, sollen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt den Obst- und Gemüsehändler am 27. Juni 2001 hingerichtet haben. Um 11 Uhr, besagen die Akten, die der taz vorliegen, betraten die Täter seinen Laden, schossen ohne Vorwarnung. Der 31-Jährige hinterließ eine Ehefrau und eine dreijährige Tochter.
An jenem ersten Jahrestag im November 2012 enttäuschte auch Gauck die Hinterbliebenen: Er verweigerte ihnen das Gespräch, um das sie gebeten hatten. Aus der Pressestelle des Bundespräsidialamts hieß es damals, Gauck wolle „seine eigenen Akzente“ setzen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss