Fashion Week: Bitte mit Sahne
Die Grünen fordern einen Gesundheits-TÜV für Models nach dem Vorbild von Mailand. Die Branche meint: Nicht nötig, in Deutschland gebe es gar keine Magermodels
Auf den Laufstegen der heute beginnenden Berlin Fashion Week sollen nur gesunde Frauen die Mode der Herbst-/Wintersaison 2011 präsentieren. Das haben im Vorfeld der Messe die Grünen gefordert. Die jugendpolitische Sprecherin der Fraktion im Abgeordnetenhaus Clara Herrmann rief den zuständigen Senator Harald Wolf (Linke) dazu auf, Gesundheitsstandards für Models einzuführen. Der in der Branche verbreiteten Magersucht solle der Senat mit Auflagen für den Veranstalter begegnen. Als Vorbild nannte Herrmann die Modestädte Madrid und Mailand, die einen Mindest-Body-Mass-Index und einen obligatorischen Gesundheitstest für teilnehmende Models vorgeschrieben hätten.
Senator Wolf war für eine Stellungnahme bis Redaktionsschluss nicht zu erreichen. Der Veranstalter BMG World, der seit 2007 die Fashion Week durchführt, wollte sich nicht äußern. Für die Auswahl der Models seien die teilnehmenden Designer jeweils selbst verantwortlich, so der Pressechef.
Teile der Branche verzichten bereits freiwillig auf klapperdürre Kleidervorführerinnen - aus ethischen wie ästhetischen Gründen. Katharina Höller von der PR-Agentur Silk Relations, die unter anderem die Show des Designers Kilian Kerner und den ökologisch orientierten GREENshowroom im Hotel Adlon betreut, betont: "Mit unserem Konzept nachhaltiger Mode versteht es sich von selbst, dass wir keine Magermodels casten. Es geht schließlich um Mode, die der Umwelt und dem Menschen guttut." Bei der Auswahl der Models achte man "selbstverständlich" auf körperliche Gesundheit. Ein Höchstgewicht gebe es nicht, die Vorgabe sei eine Kleidergröße von 36 bis 38 bei einer Mindestgröße von 1,75 Meter.
Es scheint, als ob der seit den Neunzigerjahren geltende Imperativ "dünn, dünner, am dünnsten", der wiederholt zum Hungertod bekannter Models führte, auch in der Modewelt nicht mehr unumstritten ist. Die Hamburger Modelagentur Modelwerk, die 35 Frauen zu den Castings für die Modewoche schickt, hält das Problem des Magerwahns für eher gering. "Im Vergleich zu anderen Modestädten ist Berlin entspannter mit den Kleidergrößen", sagt ein Mitarbeiter. Deutsche Designer seien nicht so fixiert auf die sogenannte Size Zero - also die Minigröße 32 für erwachsene Frauen - wie amerikanische oder französische Kollegen. "Unsere Kunden wollen keine Hungerhaken, die schicken zu dünne Mädchen wieder nach Hause." Auch "Modelwerk" nehme aus Prinzip keine stark Untergewichtigen oder Essgestörten unter Vertrag. "Wir empfehlen solchen Mädchen, gesund zu essen, Sport zu treiben - und es dann noch mal zu versuchen."
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Wahlkampf in Deutschland
Rotzlöffeldichte auf Rekordniveau
+++ Die USA unter Trump +++
Trump entlässt den Generalstabschef der US-Streitkräfte
Regierungsbildung nach Österreich-Wahl
ÖVP, SPÖ und Neos wollen es jetzt miteinander versuchen
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“