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Familienunternehmer über FDP"Nähe zu den Grünen wächst"

FDP und Grüne können viel voneinander lernen, findet Albrecht von der Hagen vom Verband der Familienunternehmer. Am Mittwoch will er beide Seiten ins Gespräch bringen.

Ob sich Grün und Gelb in der Politik jemals so nahe kommen? Bild: photocase/GabyJ
Matthias Lohre
Interview von Matthias Lohre

taz: Herr von der Hagen, Ihr Verband der Familienunternehmer lädt Spitzenpolitiker von FDP und Grünen an diesem Mittwoch zum Gespräch über "wirtschaftliche und individuelle Freiheit". Wollen Sie, dass die beiden Seiten sich in die Haare kriegen?

Albrecht von der Hagen: Nein, im Gegenteil. Wir wollen mit den beiden Parteien die Frage beleuchten: Wie steht es um die Freiheit in Deutschland? Dafür sind FDP und Grüne die besten Gesprächspartner.

Warum?

Beide Parteien legen großen Wert auf Freiheit - allerdings auf unterschiedliche Aspekte davon. Das hat geschichtliche Gründe. In der deutschen und europäischen Geschichte gab es immer ein Wechselspiel zwischen bürgerlichen Freiheiten auf der einen Seite und wirtschaftlichen Freiheiten auf der anderen. Grüne und FDP verkörpern diese Traditionslinien in der Politik. In der Wirtschaft vereinen die Familienunternehmer beide Aspekte - also Menschen, die auf eigenes Risiko und vor allem eigene Haftung ihre Firma führen.

Unternehmer und Grüne kommen einander also näher. Welche Seite hat sich mehr bewegt?

Albrecht von der Hagen

Albrecht von Hagen, 48, ist seit 2009 Hauptgeschäftsführer der Verbands "Die Familienunternehmer" in Berlin. Zuvor war er beim BDI und hat Volkswirtschaft, Staatsrecht und Geschichte studiert.

Die Grünen zeigen sich sehr offen gegenüber unseren Argumenten. Aber in jüngster Zeit bewegen sie sich wieder fort von uns Unternehmern. Wir waren uns näher, als die Partei mit Oswald Metzger oder Margareta Wolf einen echten Wirtschaftsflügel hatte. Die heutigen Grünen wollen wir daran erinnern: Bürgerliche Freiheit funktioniert auf Dauer nur im Bund mit wirtschaftlicher Freiheit.

Kriegt die FDP diese Balance etwa besser hin?

Die Freidemokraten pochten sehr lange einseitig auf ökonomische Freiheiten. Sie ließen es zu, dass die Wahrung der Bürgerrechte eine Domäne der Grünen wurde. Das ändert sich erst langsam wieder, seit die FDP in Umfragen abgeschmiert ist. Die Grünen müssen aufpassen, dass sie kein ähnliches Schicksal erleiden: erst das Hoch mit einseitiger Freiheit vor der Wahl, dann der Absturz in der Regierungsverantwortung.

Ist die Nähe von Unternehmern zu den Grünen im Jahr seit der Wahl gewachsen?

Ja, denn Wettbewerb belebt das Geschäft. Mehr Nähe zu den Grünen kann auch dazu führen, dass die FDP ihr Bürgerrechtsprofil schärft. Und wenn auch beide Parteien mehr über wirtschaftspolitische Themen diskutieren, dann werden diese auch in der ganzen Gesellschaft stärker wahrgenommen.

Die Grünen wollen den Mehrwertsteuersatz anheben, Vermögen stärker besteuern und die Hartz-IV-Sätze auf 420 Euro anheben. Das ist doch meilenweit von den Wünschen der FDP und Unternehmer entfernt.

Klar. Aber es lohnt sich, mit Politikern, die so etwas fordern, ins Gespräch zu kommen und zu fragen: Was passiert, wenn diese Pläne umgesetzt werden? Denn darüber wird viel zu wenig diskutiert.

Sind die Gemeinsamkeiten von FDP und Grünen groß genug, dass sie nach der nächsten Bundestagswahl miteinander koalieren könnten?

Derzeit sieht es nicht danach aus. Aber bis dahin können sich die Parteien ja programmatisch noch bewegen. Denn mittelfristig müssen sie sich Gedanken darüber machen, in welchen Dreierbündnissen sie regieren könnten.

Können Sie sich vorstellen, dass es nach der nächsten Bundestagswahl einen grünen Wirtschaftsminister gibt, der Weinköniginnen küsst?

Warum nicht? Immerhin war mit Rezzo Schlauch schon ein Grüner Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung. Aber vielleicht wird es auch mal eine Wirtschaftsministerin - und die küsst dann vermutlich lieber den Unternehmer des Jahres.

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