■ Familienroman etc.: Tödliche 70er Jahre
„Engel im Schnee“, der Debütroman des amerikanischen Autors Stewart O'Nan, erzählt von Illusionen und davon, wie sie verbraucht, zerträumt, zerschossen werden. Ein Kleinstadtroman, angesiedelt in einer ärmlichen Region Pennsylvanias in den 70er Jahren: Arthur, der fünfzehnjährige Erzähler der Geschichte, erlebt in einem viel zu langen, viel zu kalten Winter, wie die Ehe seiner Eltern zerbricht. Sein Vater setzt sich ab, die Mutter säuft – und Arthur nebelt sich mit Dope und Led Zeppelin zu. Gleichzeitig zerbricht eine zweite Familie: Annie, Arthurs ehemalige Babysitterin, hat ihren infantilen Mann Glenn aus dem Haus geworfen und lebt nun allein mit ihrer kleinen Tochter. Glenn, der sich immer mehr in einen religiösen Wahn hineinsteigert, hängt an der kaputten Beziehung, an einem Röhrchen Antidepressiva und verblassenden Erinnerungen – bis er sich die Schrotflinte an den Kopf hält und abdrückt.
Stewart O'Nans Roman wurde bisher eher verhalten gelobt: Offensichtlich paßt er nicht recht in die aufnahmewilligen Schubladen der Literaturkritik. Dem wuchtigen Stoff – der Explosion zweier Familien – setzt er eine spröde, zwischen trauriger Poesie und lakonischem Realismus angesiedelte Sprache entgegen.
In den USA liegen bereits zwei weitere Bücher Stewart O'Nans vor, der 1993 mit dem William-Faulkner-Preis ausgezeichnet wurde: „The Names of the Dead“, ein Roman über einen Vietnam-Veteranen, und die Splatter-Satire „The Speed Queen“, die im nächsten Frühjahr unter dem gleichen Titel bei Rowohlt erscheinen wird. kol
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