Familienkrach auf der Buchmesse: Skandal im Beck-Bezirk
Familienkrach auf der Frankfurter Buchmesse: Die Aufarbeitung der Geschichte des C.H. Beck Verlags im Nationalsozialismus führt zum Bruderstreit.
Frankfurter Buchmesse, Hessischer Hof, Freitagabend: Der C. H. Beck Verlag hat zu seinem Empfang geladen. Der geisteswissenschaftliche Teil des Hauses ist eine international renommierte Adresse der Verlagsbranche. Im Rahmen der Messe repräsentiert der Beck-Empfang ein Höchstmaß humanistischer Gebildetheit in aufgeklärt-bürgerlichem Ambiente.
Doch dieses Jahr kam vieles anders als gedacht. Das traditionsreiche Haus feiert sein 250-jähriges Bestehen. Und die beiden Gesellschafter, die Brüder Hans Dieter Beck (geb. 1932) und Wolfgang Beck (geb. 1941) sind sich über das Geschichtsbild nicht einig.
Der ältere, Hans Dieter, steuert die sehr gewinnbringende juristische Sparte der Verlagsgruppe, der jüngere, Wolfgang, das so angesehene geisteswissenschaftliche und kulturelle Programm. Und Hans Dieter hatte es an diesem Abend im Hessischen Hof darauf abgesehen, den jüngeren Bruder zu brüskieren.
Sein Werkzeug dafür sollte der 1933 geborene Rechtshistoriker Uwe Wesel sein, der zum Jubiläum im Hausauftrag das Buch „250 Jahre rechtswissenschaftlicher Verlag C. H. Beck“ vorlegte. Hans Dieter Beck leistete sich zu Beginn eine launige, im Nachhinein omnipotent wirkende Rede. Er überhöhte Wesel und putzte einen anderen Historiker, Stefan Rebenich (geb. 1961) herunter.
Einst Fachverlag für Nazischrifttum
Der hatte nämlich im Auftrag Wolfgang Becks den Band „Der kulturwissenschaftliche Verlag und seine Geschichte“ geschrieben, der auch kritisch die Rolle des Verlags C. H. Beck in den Jahren 1933 bis 1945 untersucht. Vater Heinrich Beck betrieb schließlich damals einen führenden Fachverlag für Nazischrifttum und hatte sich 1933 auch den Marktkonkurrenten Liebmann einverleibt, der einen jüdischen Hintergrund hatte. Unter Wert, wie Rebenich meint, was Wesel als „völligen Quatsch“ abtut.
Der Alte wütete gegen den Jüngeren, redete sich vor erlesenem Publikum um Kopf und Kragen. Ob man Edelnazis, Rassegesetze oder italienische Antisemiten kommentierte und publizierte, in Wesels Augen waren das halt „die Zeitumstände“.
Eine Darstellung, der Wolfgang Beck und sein kulturwissenschaftlicher Verlag nicht folgen. Bei Rebenich ist denn auch zu lesen, was es zu wissen gilt. Zu Wesel und Hans Dieter Beck bleibt nur zu sagen: Alter schützt vor Torheit nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja