Familienförderung: Zum 3. Geburtstag ein Gutschein
Die Grünen wollen Dreijährigen einen Kita-Gutschein zuschicken. Er soll dafür sorgen, dass Kitas besser besucht werden. Auch SPD will Bürokratie abbauen.
Die Grünen fordern weniger Bürokratie für Eltern, deren Kinder in die Kita kommen. Dafür wollen sie einen "Kita-Gutschein 3 plus" einführen, wie die familienpolitische Sprecherin der Partei, Elfi Jantzen, am Montag auf einer Pressekonferenz erklärte. Der Gutschein soll allen Kindern zu ihrem dritten Geburtstag automatisch zugestellt werden. Bisher müssen Eltern die Betreuung ihrer Kinder bei den Jugendämtern beantragen.
"Wir wollen vor allem Kindern mit Migrationshintergrund und Kinder aus sozial benachteiligten Familien den Zugang zu einer Betreuung erleichtern", sagte Ramona Pop, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen. Mit der automatischen Zusendung des Kita-Gutscheins sollen die Anträge und die Bedarfsprüfung abgeschafft werden.
Von den 82.000 Berliner Kindern zwischen drei und fünfeinhalb Jahren besuchen 10.000 Kinder trotz des Rechtsanspruchs keine Kindertageseinrichtung, sagte Jantzen. Der Grund dafür ist ihrer Meinung nach das bürokratische Antragsverfahren: "Das sechsseitige Antragsformular in krudem Beamtendeutsch überfordert selbst deutsche Eltern."
Die Erfahrung, dass viele Eltern aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse große Schwierigkeiten mit den Anträgen haben, hat auch Martina Nörenberg gemacht. Sie ist Leiterin der Kindertagesstätte Putte im Wedding. Von den 30 Kindern dort haben 28 einen Migrationshintergrund. "Wir füllen oft die Formulare für Eltern aus, weil sie der deutschen Sprache nicht mächtig sind", berichtete Nörenberg.
Bereits im November haben die Grünen ihren Antrag zur Änderung des Kita-Förderungsgesetz im Abgeordnetenhaus eingebracht; im Januar soll dort darüber diskutiert werden. Der Antrag enthält außerdem die Forderung, die Betreuungszeiten auszubauen. Alle Kinder ab drei Jahren sollen einen Rechtsanspruch auf einen Teilzeitplatz von sechs bis sieben Stunden täglich erhalten. Davon würden vor allem erwerbslose Eltern profitieren, die derzeit nur einen Anspruch auf einen Halbtagsplatz von vier bis fünf Stunden haben. Dieser reiche für eine angemessene Sprachförderung jedoch nicht aus, sagte Pop. Wenn die Hälfte der 10.000 Kinder, die bisher keine Kita besuchen, mit dem "Kita-Gutschein 3 plus" erreicht würden, entstünden Mehrkosten von 35 Millionen Euro.
Für Sandra Scheeres, familienpolitische Sprecherin der SPD, ist eine automatische Zustellung eines Kita-Gutschein unmöglich. "Die Bewilligung der Betreuungsplätze kann nicht einfach umgangen werden", so Scheerer. Dass die bürokratischen Hürden zu hoch sind, bestätigt sie aber. "Wir brauchen dringend eine bessere Unterstützung der Eltern beim Ausfüllen der Formulare in den Jugendämtern." Auch über eine Ausweitung der Betreuungszeiten werde innerhalb der SPD diskutiert. Um mehr Eltern auf ihren Rechtsanspruch auf die Betreuung von Kindern ab drei Jahren aufmerksam zu machen, fordern SPD und Linkspartei die automatische Zusendung der Anträge. Über diesen Änderungsantrag wird im Januar im Jugendausschuss diskutiert.
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