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Falschmeldungen über FlüchtlingeDeutschlandkarte gegen Gerüchte

In Online-Netzwerken kursieren die absurdesten Geschichten über Flüchtlinge. Was davon ist wahr? Eine neue Karte leistet Aufklärung.

Die neue HOAXmap listet nicht nür Gerüchte auf, sondern verlinkt auch zu den Gegendarstellungen. Screenshot: HOAXmap.org

Berlin taz | Schwäne im Kochtopf, geschwängerte Minderjährige und ein aufgespießter Menschenkopf – Flüchtlinge werden derzeit oft als Sündenböcke benutzt und Falschmeldungen machen die Runde.

Auch ein freiwilliger Helfer brachte im Januar die Nachricht in Umlauf, dass vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin ein Flüchtling gestorben sei. Das erwies sich als falsch: Es gab keinen Toten.

Seit Montag gibt es eine Webseite namens HOAXmap, die solche Falschmeldungen widerlegt. Sie ordnet mehr als 180 Fälle, die seit Mitte letzten Jahres auftraten, in eine Google-Maps-Karte ein.

Klickt man dort auf die Ortsmarkierungen, erscheinen die Gerüchte mit Datum, Ort und Kategorie wie zum Beispiel „Raub“ oder „Vergewaltigung“. Außerdem wird jedes Gerücht unkommentiert mit einem Zeitungsartikel verlinkt, der es widerlegt.

„Neues aus der Gerüchteküche“ heißt die Überschrift auf der Startseite. Dort findet man auch die Falschmeldung, dass im Dezember 2015 zwei Kinder in einer Unterkunft in Nordrhein-Westfalen nach Vergewaltigungen schwanger geworden sein sollen.

Zwei Wochen Vorarbeit

HOAXmap erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und bittet um Ergänzungen, die über das Online-Netzwerk Twitter oder per E-Mail mitgeteilt werden können. Seit Montag hat Karolin Schwarz, die Initiatorin von HOAXmap, zahlreiche Einsendungen erhalten. Die freiberufliche Unternehmensberaterin aus Leipzig sucht zusammen mit einem Freund die Gerüchte auf Twitter und mit verschiedenen Suchmaschinen. Außerdem nutzt sie Polizeimeldungen und Medien als Quellen für die Gegendarstellungen.

In Sachsen, im Pegida-Land, sind die Themen Pegida und Übergriffe auf Unterkünfte omnipräsent.

Karolin Schwarz

Schwarz bezeichnet es als „Phänomen“, dass es seit Mitte des vergangenen Jahres zahlreichen Falschmeldungen gebe und will Argumentationshilfen bieten: „Wenn man mit einem Gerücht konfrontiert wird, kann man schauen, ob es eine Gegendarstellung gibt“, sagt sie.

Außerdem engagiert sich die 30-jährige seit 2015 ehrenamtlich in einer Erstaufnahme für Flüchtlinge in Leipzig. Ihr Interesse an dem Thema wäre auch so da – ihr Wohnort spiele dabei aber auch eine Rolle: „In Sachsen, im Pegida-Land, sind die Themen Pegida und Übergriffe auf Unterkünfte omnipräsent.“

Die Gerüchte habe sie zwei Wochen lang gesammelt und die technische Umsetzung vorbereitet. Erst als sie einen Grundstock an Daten hatte, stellte sie sie online.

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3 Kommentare

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  • Eine solche Darstellung macht allerdings nur dann Sinn, wenn sie auch die bestätigten Fälle kartografisch erfasst - aber das ist ja meines Wissens verboten. Die Hoax- Zahlen sind nur dann relevant, wenn man sie ins Verhältnis zu den bestätigten oder zu "allen" Fällen stellen kann. Beispiel: Wenn man alle Flugzeugabstürze als Punkte auf einer Weltkarte darstellt, würde das furchtbar gefährlich aussehen. Wenn man sie aber zu allen Flügen ins Verhältnis setzt, ist Fliegen die sicherste Sache der Welt.

  • Um einen alten Maler zu zitieren:"Ick kann janich so ville fressen,wie ick kotzen möchte!"

    Es kann einem schon speiübel werden,wenn man gewahr wird,aus was für einer Mischung aus Intolleranz,Hass und Rassismus die Landesbevölkerung besteht.

    • @Markus Müller:

      ... schreibt Markus Müller ausgerechnet als Kommentar auf eine taz-Meldung, über eine freiberuflich tätige Unternehmensberaterin aus Leipzig, die ihre freie Zeit damit verbringt, Gerüchte zu widerlegen.

       

      Perlen vor die Säue, könnte man das wohl kommentieren. Mensch, Müller: da macht die taz schon mal nicht mit bei diesem Mist (wird ja hoffentlich keine Ente sein, der Bericht), und dann so was!