: Fakten auf den Kopf gestellt
betr.: „Kalif lief, Polizei schlief“, „Schwierige Abschiebung“, taz vom 28. 5. 04
Der „Fall Kaplan“ birgt unterschiedliche Aspekte der Rechts- und Sicherheitspolitik in sich. Zunächst einmal dürfte es schier unmöglich sein, einen Mann wie Kaplan rund um die Uhr zu überwachen und ein Abtauchen vor der Vollstreckung einer Abschiebungsverfügung zu verhindern. Insofern erscheint die Kritik an den Sicherheitsorganen unberechtigt. Der „Kalif von Köln“ hielt sich nicht unberechtigt in Deutschland auf und durfte sich hier frei bewegen. Insofern kann man von ihm nicht verlangen, dass er sich zu seiner Verhaftung aufgrund der Entscheidung des OVG in seiner Wohnung befindet.
Dagegen sind die Gerichtsentscheidungen in Sachen Kaplan unverständlich und in sich widersprüchlich. Wie kam es nur zu einer Haftentlassung Kaplans? Wenn man meint, hier einen gefährlichen Islamisten und Terroristen vor sich zu haben, der Aufrufe zu Morden verfasst hat, dann kann man einen solchen Menschen doch nicht laufen lassen! […]
Der Fall Kaplan wirft darüber hinaus ein bedenkliches Schlaglicht auf das deutsche Asyl- und Ausländerrecht und in diesem Zusammenhang auf die Diskussion um das Zuwanderungsgesetz. Es erscheint völlig unverständlich, dass das Kölner Verwaltungsgericht nunmehr für zwei Monate die Abschiebung des „Kalifen von Köln“ ausgesetzt hat. […] Man sollte sich fragen, ob es Sinn macht, einen „Gefährder“ in Deutschland frei herumlaufen zu lassen, nur weil mit ihm in der Türkei im Zuge des Prozesses wegen Hochverrats womöglich nicht ganz so zimperlich umgegangen wird. Hier wäre eine emotionslose Diskussion und am Pragmatismus orientierte Lösung in den beim Zuwanderungsgesetz anstehenden Fragen des deutschen Asyl- und Ausländerrechts dringend geboten.
ANDREAS MEYER-SUTER, Hamburg
betr.: „Kalif brav, Union scharf“, taz vom 1. 6. 04
Vielleicht ist es doch an der Zeit, ich meine, es ist sogar höchste Zeit, dass auch die taz mit diesem ganzen Kaplan-Unsinn deutlicher aufräumt als bisher. Christian Rath ist zwar zum Teil „auf einem guten Weg“, aber dennoch fehlen mir schlicht die klaren Worte.
„Der Kalif ist wieder da“, zum Beispiel. Was soll das? Der war gar nicht weg, warum sollte er auch? Dieser Haftbefehl hätte und hat nicht nur keinen Bestand gehabt, er hätte erst gar nicht ausgestellt werden dürfen. An der im Artikel erwähnten Stoiberäußerung (schon sachlich völlig falsch) ist doch alleine klar erkennbar, worum es der Politik geht. Um Klamauk und Wahlkampfgetöse. Ich gehe sogar noch weiter. Was in diesen Tagen (parteiübergreifend) geschieht, ist eine bewusste und vorsätzliche Täuschung der Öffentlichkeit, durch Falschinformation. In fataler, unverantwortlicher Weise werden hier die Fakten auf den Kopf gestellt bzw. unterschlagen. […] Es herrscht Narrenfreiheit in Wort und Schrift. Das gefährdet den Rechtsstaat – und nur das. JUTTA RYDZEWSKI, Bochum
Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.