piwik no script img

■ Mit der Autosucht auf du und duFahr die Hälfte!

Welcher gute Vorsatz ist denn dieses Jahr dran? Wurden wieder mal pünktlich zum Sylvesterabend die Hymnen zur letzten Zigarette angestimmt? Oder gilt es etwa, 1993 endlich den Bierbauch abzuspecken? Wenn schon Diät, dann vielleicht im neuen Jahr doch mal ganz anders. Wie wär's mit „FDH“ nach der Art des VCD, des Verkehrsclubs Deutschland? Nein, nein, der Verkehrsclub ist nicht unter die „Friß- die-Hälfte“-Apostel gegangen. „Fahr die Hälfte“ heißt die neue Devise für alle Autosüchtigen.

Wie im echten RaucherInnen-Entwöhnungsprogramm beginnt auch die Diät für KilometerfresserInnen mit der Selbstkontrolle. Bewußtwerdung lautet der erste Schritt. Anstelle von Strichlisten, mit denen der tägliche Zigarettenkonsum aufgelistet wird, geht es beim VCD gleich in die Vollen. Handliche Tabellen im Taschenkalenderformat bieten jedem Autobesessenen und jeder Aldi-Automobilistin die Möglichkeit zur Bestandsaufnahme des eigenen Auto-Verhaltens. Schwarz auf weiß können endlich Strecken, Kilometer und Fahrzwecke genau festgehalten werden. Alle, die mit dem Fahrtenbuch eh schon Erfahrungen haben, bietet der VCD ein besonderes Bonbon: eine Spalte für besondere Fahrerlebnisse. Endlich also mal Platz für tiefergehende Gedanken über den Chaoten, der einem die Vorfahrt nahm, für die elendige Parkplatzsuche oder das letzte Stauerlebnis. Im zweiten und dritten Diätenmonat geht's dann erst richtig zur Sache: die Auto- Bedenkzeit läuft, nun sind Alternativen gefragt. „Kennen Sie eigentlich die Haltestellen von Bus und Bahn in Ihrer Nähe?“ Wie sieht's mit dem Fahrrad aus? Ist es – soweit vorhanden – überhaupt fahrtüchtig? Oder steht es etwa wieder mal seit Monaten mit einem Platten im Keller? So langsam werden die AutofahrerInnen auf das Umsteigen hingetrimmt. Da gilt es, die neue Mobilität zu entdecken. Wer hier nicht aufgibt und sich strikt an den Diätplan hält, darf sich natürlich monatlich selbst belohnen. Womit, das überläßt der VCD der eigenen Phantasie. Vielleicht mit einem neuen Drahtesel oder mit einem Umweltticket des Verkehrsverbundes?

Ab dem vierten Monat geht die Diät für Fortgeschrittene los. Nun sind die stärksten Süchteleien hoffentlich überwunden. Besonders Erfolgreiche können dann so ab dem achten oder neunten Monat ihr Auto stillegen. Aber ganz so drastisch muß es nicht unbedingt sein, der VCD ist da moderat. Autosucht ist eben 'ne ernstzunehmende Sache. Karin Flothmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen