Fachtagung zum Thema „Kleinwuchs“: Klein wird gemacht
■ Bundesweite Tagung von Ärzten und Betroffene über „Achondroplasie“
Körpergröße ist gleich Norm, und Norm ist gleich Durchschnitt. Rund drei Prozent der Deutschen liegen unter der Norm und sind somit „kleinwüchsig“. An die hundert Fachärzte treffen sich an diesem Wochenende im Bremer Übersee-Hotel mit dem Bundesverband kleinwüchsiger Menschen und ihrer Familien e.V. (BKMF). 450 verschiedene Gründe kann es dafür geben. Einige sind ganz profan: Zum Beispiel wird ein Kind kleiner Eltern sicher nicht riesengroß werden. Doch die häufigsten Ursachen sind die Achondroplasie und die Hypochondroplasie, und in diesen Fällen hat Kleinwuchs andere weit reichende Folgen: Die Betroffenen leiden unter einer Verkürzung der Knorpel, die verhindert, daß Arme und Beine in gleicher Weise wie der Rumpf wachsen können. Die Körperbewegungen werden eingeschränkt, Herz, Nieren, Seh- und Hörvermögen können angegriffen werden. Karl-Heinz Klingebiel, der Vorsitzende des BKMF, kennt die alltäglichen Probleme der Betroffenen, etwa sich die „Schuhe zuzubinden oder den Intimbereich zu reinigen.“
Auf der gemeinsamen Tagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde soll gemeinsam mit den Vertretern des BKMF ein Beratungsschema entworfen werden, das den Kinderärzten helfen soll, die Behinderung frühzeitig und richtig zu diagnostizieren; in der Vergangenheit waren viele Mediziner überfordert, Fehldiagnosen die Folge. Kinderarzt Klaus Mohnike berichtet von einem Kind, das er noch in letzter Minute vom OP-Tisch geholt hat: Der unkundige Kollege hielt „den großen Kopf des Kindes für einen Wasserkopf“. Der überdurchschnittliche Kopfumfang ist normal für Menschen, die unter Achondroplasie oder der abgeschwächten Schwesterkrankheit, der Hypochondroplasie, leiden. Schlimmstenfalls führt eine Fehldiagnose zum Tod.
Dass das Leben kleinwüchsiger Menschen in erster Linie Leben ist und keine Krankheit, betont Susanne von Daniels. Seit elf Tagen berät sie für den BKMF Familien, deren Kinder als kleinwüchsig gelten: „Die Eltern sprechen immer zuerst von Zentimetern, ohne von dem Kind selber zu erzählen. Es geht doch nicht um die Größe, sondern den Charakter.“ Die Psychologin betrachtet den Kleinwuchs „nicht als Krankheit, sondern als Behinderung.“ Sie plädiert, endlich eine neue Sicht auf die Kleinwüchsigkeit zu kriegen, das Anderssein zu akzeptieren: „Es gibt eine Vielfalt von Lebendigkeit.“ DoKo
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