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Facebook plant "Social Ads"Profit aus Privatem der Nutzer

Wer auf eBay bietet, teilt es seinen Freunden bei Facebook mit - so will das soziale Internet-Netzwerk seine Werbeumsätze steigern. Lassen sich Nutzer die Bespitzelung gefallen?

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg kündigt neue Werbepläne an Bild: ap

BERLIN taz Weltweit über 42 Millionen aktive Mitglieder behauptet der "Social Networking"-Anbieter Facebook derzeit zu haben. Die kommunizieren über die Plattform, geben ihre persönlichen Vorlieben in Profile ein, lernen Online-Freunde kennen oder stellen Fotos auf die Seite. Inzwischen kann man sogar einfache Spiele spielen und andere Webdienste integrieren, ohne den Online-Dienst verlassen zu müssen. Dabei fallen zahlreiche Daten an, die für die Konsumgüterindustrie interessant sein könnten: Facebook kennt seine Nutzer besser als viele andere Websites.

All das will das Unternehmen nun zu Geld machen: Neuartige Werbeformen, die das Unternehmen am Dienstag vor Kunden in New York präsentierte, sind geplant. Hohe Einnahmen hat die vom 23 Jahre alten Harvard-Abbrecher Mark Zuckerberg geleitete Firma auch nötig. Seitdem der Softwareriese Microsoft vor wenigen Wochen für 240 Millionen Dollar einen Anteil von 1,6 Prozent an dem Unternehmen übernahm, ist Facebook auf dem Papier 15 Milliarden Dollar wert. Dem stehen allerdings derzeit nur verhältnismäßig moderate Umsätze entgegen - 2006 waren es geschätzte 100 Millionen Dollar.

Das neue Werbekonzept hört auf den Namen "Social Ads" und besteht aus mehreren Komponenten. Hauptlockstoff für die Mediaagenturen und Marketingverantwortlichen sind die Profildaten: Facebook wird ihnen detaillierte Informationen über die zu erreichende Zielgruppe übermitteln. Deutlich neuartiger ist aber Komponente zwei: Facebook will mit Dutzenden Werbetreibenden zusammenarbeiten, um die Aktivitäten der Nutzer auch außerhalb der Plattform zu Reklamezwecken zu nutzen. Dabei wird beispielsweise einem Facebook-Nutzer, der auf eBay an einer Auktion teilnimmt, die Möglichkeit angeboten, seinen Facebook-Freunden mitzuteilen, dass er dies gerade tut. Ähnliches gilt für den Kauf von Kinokarten beim US-Anbieter Fandango oder für das Ansehen von Filmen auf der Website von US-TV-Sendern.

Möglich gemacht wird dies durch ein so genanntes Tracking. Dabei wird auf dem Rechner des Nutzers ein Datenschnipsel (Cookie) geschrieben, das wiederum von den Facebook-Partnern gelesen werden kann. Diese senden die Transaktionsinformation wiederum zurück an Facebook, wo dem Nutzer dann vorgeschlagen wird, seinen Einkauf auch seinen Facebook-Freunden mitzuteilen. Diese werden dann im so genannten "Newsfeed" darüber informiert, der Neuigkeiten auf der Plattform verbreitet. Die Werbeform dürfte für einige Diskussionen sorgen - und Nutzern das Gefühl geben, beobachtet zu werden. Genau das passiert ja auch: Facebook kann so speichern und anderen mitteilen, was ein Nutzer außerhalb der Plattform tut. Es muss nur ein Partnervertrag vorliegen und entsprechende Technik beim Partner installiert sein.

In Deutschland ist Facebook derzeit noch nicht offiziell in Landessprache vertreten, obwohl es auch hier zu Lande immer mehr Nutzer gibt. Eine starke Expansion nach Europa steht aber unmittelbar bevor - so gründete man kürzlich eine Niederlassung in London. Der hiesige Hauptkonkurrent, das Studentenverzeichnis "StudiVZ", liebäugelt ebenfalls mit ähnlichen Werbeformen. Die dürften in ihrer Breite schon allein deshalb nicht so weit gehen wie bei Facebook, weil in Deutschland noch immer das Datenvermeidungsgebot im Telekommunikationsgesetz steht - Firmen dürfen dadurch nur beschränkt mit Nutzerprofilen hantieren.

Es ist unklar, wie die Facebook-Nutzer auf die Initiative reagieren werden. Als im vergangenen Jahr eine datenschutzrechtlich bedenkliche neue Funktion eingeführt wurde, regte sich schnell viel Protest. Facebook besserte schnell nach, behielt sie in Grundzügen allerdings bei. Auch bei den "Social Ads" wird es zunächst keine Möglichkeit geben, nicht mitzumachen: Ein so genanntes "Opt Out", also ein Verhindern der Anzeige entsprechender Reklame samt Nutzererfassung, soll es zunächst nicht geben. "Wir sind kostenlos und Werbung ist ein Weg, uns zu refinanzieren", hieß es von Zuckerberg dazu nur.

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