Facebook-Interview kursiert im Netz: Alles ist getrackt
Im Netz ist ein Interview mit einer mutmaßlichen Facebook-Mitarbeiterin aufgetaucht – ob wirklich echt, ist noch unklar. Wenn ja, dann ermöglicht es Einblicke in die Facebook-Kultur.
Vor kurzem noch offenbarte Facebook-Chef Mark Zuckerberg seine Meinung zu Privatheit, nämlich, dass diese nach seiner Ansicht ein antiquiertes Konzept sei. Post Privacy, die Theorie vom Ende der Privatsphäre – eine durchaus denkbare Meinung, auch Internet-Pionier Leonard Kleinrock postulierte derartiges anlässlich des vierzigjährigen Internetjubiläums im Interview mit der Süddeutschen Zeitung.
Allerdings: Post Privacy ist im Prinzip Facebooks Geschäftsmodell. Je mehr die Facebook-Nutzer über sich preisgeben, desto mehr Daten über sich hinterlassen sie auch. Und diese Daten sind viel Geld wert, wenn sie genutzt werden. Hier sind nicht nur persönliche Daten wie der Geburtstag, die Freunde oder das Geschlecht interessant – was Facebook noch alles speichern könnte, lässt sich in einem Interview, geführt mit einer mutmaßlichen Facebook-Mitarbeiterin im Sommer 2009, nachlesen.
Scheinbar skandalös: Es existierte ein Master-Passwort – "irgendwas mit Chuck Norris" – mit dem sich aus dem internen Facebook-Firmennetzwerk Zugang zu allen gespeicherten Profilen erlangen ließ. Schon allein die Tatsache, dass dieses Passwort existierte, mache die Seite unsicher, sagt die Interviewte. Zwei Leute seien wegen Masterpasswort-Missbrauchs gefeuert worden, "sie haben bei einigen Profilen Daten verändert, religiöse Ansichten oder so."
Im Grunde könne man aber eh alles in der Datenbank nachsehen. "Deine Nachrichten sind da gespeichert, ob gelöscht oder nicht", sagt die mutmaßliche Facebook-Mitarbeiterin.
Auch würde überhaupt alles aufgezeichnet. "Jedes Foto, das du dir ansiehst, jede Person, mit der dich andere verbinden, jedes Posting auf einer Pinnwand .. und so weiter." Sogar jeder Klick. "Woher sollten wir sonst wissen, wer deine besten Freunde sind?" fragt die Interviewte verwundert. Ein derartiges detailliertes User-Tracking sei heutzutage "best practice", sagen IT-Experten.
Insgesamt lässt sich aus dem Interview herauslesen, dass Facebook grundsätzlich darauf achtet, dass die Mitarbeiter keinen Unsinn mit den ihnen anvertrauten Daten anstellen. Missbrauch hatte ja zur Folge, dass die Beteiligten auch die Konsequenzen zu tragen hatten. Dass, verrückte These, Facebook das Interview selbst launchte, um die darin enthaltenen Informationen in die Welt zu bringen, darf aber bezweifelt werden.
Insgesamt darf man das Interview unter "Viel Lärm um Nichts" einsortieren. Kein Skandal, keine Schlamperei – aber noch einmal Aufmerksamkeit für Privatsphäre. Wen es stört, dass alle seine Klicks für alle Zeiten aufgezeichnet werden, der sollte sich aus sozialen Netzwerken wie Facebook und Co. fern halten. Und wen es nicht stört, der kann sich ja zumindest mal die Tatsache bewusst machen.
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