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FÜR DIE KRISE IN ARGENTINIEN GIBT ES VIELE GRÜNDE – UND KEINEN AUSWEGIn der Dollarfalle

Argentinien steckt in einer über lange Zeit aufgebauten wirtschaftlichen Krise. Die Strategie, mit Importen Industrialisierung anzuschieben und auf staatliche Investitionen zu setzen, wurde in den 70ern von fast allen lateinamerikanischen Ländern verfolgt und von der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika empfohlen. Die IWF-gesteuerten Stabilisierungsprogramme der späten 80er- und 90er-Jahre haben diese Strategie hinweggefegt – Investitionsruinen und immense Staatsschulden sind geblieben.

In Argentinien wirkte sich der Verfall des staatlichen Sektors besonders fatal aus. Ganze Industriegürtel sind verödet, alternative Wirtschaftszweige nicht in Sicht. Die Dollarisierungspolitik, die Koppelung an den Dollar, hatte Anfang der 90er kurzfristig die Inflation gestoppt. Doch der Industrie, die schon unter dem Wegfall staatlicher Unterstützung litt, gab der völlig überbewertete argentinische Peso den Rest. Die Stützung der Dollarparität galt als oberstes wirtschaftliches Ziel – Milliarden Dollar wurden in die Währungsstabilität gesteckt. Sie flossen schlussendlich über die Konten der argentinischen Bourgeoisie ins Ausland, während sie in den staatlichen Büchern als Schulden erhalten blieben. Der IWF deckte diese Politik, so dass die politische Klasse Argentiniens auf den Fonds als ausländischem Sachzwang verweisen konnte – um die eigene Ideenlosigkeit (de la Rúa) oder Skrupellosigkeit (Menem) zu vertuschen. Und mit jedem Jahr Dollarparität wuchs die Schwierigkeit, die Koppelung abzuschaffen.

Welche Folgen all das hat, haben die wütenden Protesten nun gezeigt. Eine Regierungsoption für irgendjemanden aber ergibt sich daraus nicht. Jeder neue Präsident ist besser als der alte, so lange, bis sich erweist, dass er noch viel schlimmer ist. Es ist kein Zufall, dass Interimspräsident Adolfo Rodrígez Saá aus der Provinz kommt – peronistische Provinzgouverneure haben Tradition als Retter. Auch Carlos Menem war ein peronistischer Gouverneur aus der Provinz. Als Präsident führte er eine der korruptesten Dekaden argentinischer Politik an und verkehrte nebenbei den Peronismus in sein Gegenteil.

Die erste Ankündigung des neuen Präsidenten, die Schuldenzahlungen auszusetzen, zeigt Handlungswillen, aber noch keine Perspektive. Saá, der gern länger regieren würde als nur bis Anfang April, müsste die internationale Besorgnis um Argentinien nutzen, um mit den Banken neu zu verhandeln. Wenn er das kann, wird er gewählt werden. Wenn nicht, bleibt politisch große Leere.

BERND PICKERT

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