FUSSBALL-REGIONALLIGA: Den Wind im Kreuz
Unter der Autobahn durch, gleich neben dem Schwimmbad, empfängt der VfB Oldenburg den SV Wilhelmshaven. Das Derby endet hoch verdient mit 1:1.
OLDENBURG taz | Könnte auch eine Versammlung von Wurstproduzenten sein: überall gekreuzte Würste, die aussehen wie Waffen. Ist aber die Werbung eines Oldenburger Sponsors, beim Regionalliga-Spiel des VfB Oldenburg gegen den SV Wilhelmshaven.
Die Kleinen, die da in ihren Stiefeln, an denen Blinklichter funzeln, durch die Pfützen stapfen, gehen mit ihren Papas an der Hand ins Hallenbad, und man weiß nicht recht: Liegt das städtische Marschwegstadion, das die Fans nicht lieben, am Hallenbad – oder umgekehrt? Sicher ist: Um zum Haupteingang des Stadions zu kommen, latscht man unter einer Brücke durch, die A 293 inklusive Abfahrt.
„Wir haben mit 2.000 Besuchern pro Spiel gerechnet“, sagt der Oldenburger Vorstandsvorsitzende Stefan Könner, „die aber nicht kommen.“ Deshalb, so Könner, ansonsten Geschäftsführer der Gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft Oldenburg, „werden wir unsere Ziele in der nächsten Saison daran ausrichten und müssen wahrscheinlich den Etat herunterfahren“. Der liegt bei 1,5 Millionen Euro – und es wird nach dieser Saison Miese geben.
Das langfristige Ziel, die Dritte Liga, will Könner weiter im Auge behalten. Aber er sagt auch: „Es wird umso langfristiger, je geringer der Zuschauerzuspruch ist.“ Denn die Zahl der Zuschauer hat einen direkten Einfluss auf die Attraktivität für Sponsoren: „Kämen 2.500 Besucher zu unseren Heimspielen, wäre das gleich viel interessanter“, sagt Könner. An diesem Sonntag sind rund 1.600 gekommen, von denen der SV Wilhelmshaven ungefähr 70 beisteuerte.
Was das Sportliche anbelangt, 22 Punkte nach 17 Spielen, ist Könner zufrieden: „Von den Punkten her betrachtet, hat die Mannschaft meine Erwartungen erfüllt. Der Kader ist gut zusammengestellt worden und wettbewerbsfähig. Wir haben einige ganz tolle Spiele gesehen, aber auch hin und wieder nicht so gute.“ Er findet, dass „Schwankungen bei einem Aufsteiger dazugehören“.
Oldenburg gegen Wilhelmshaven: Hat Tradition, diese Partie, auch wenn die Namen der Vereine wechselten, die Ligen auch. Im Jahr 1920 etwa gab es mal ein 5:0 des VfB Oldenburg gegen den FC Deutschland Wilhelmshaven. Der VfB war immer der größere Club: Als es noch eine Oberliga Nord gab, und das die höchste Spielklasse national war, kickte der VfB oben mit.
Oldenburg war mal ein guter Ort für Talente: Jörg Butt, Jonny Otten, Michael Schulz, Frank Ordenewitz, Florian Bruns. Wolfgang Sidka war hier mal Trainer, Rudi Assauer Manager, in der Saison 1991/92 fehlte gerade mal ein Punkt zum Aufstieg in die Bundesliga. In der Saison 1999/2000 wiederum ging der VfB insolvent, Benefizspiele gegen den Hamburger SV, Werder Bremen und Schalke 04 bewahrten ihn vor der Auflösung. Zuletzt war der VfB vier Spielzeiten lang fünftklassig. Seit dieser Saison wieder viertklassig.
In der ersten Halbzeit hat der VfB den Wind im Kreuz, es ist so ein Wind, bei dem man mit dem Segelboot nicht rausgefahren wäre. Man müsste sich Sorgen machen um die blauen Fahnen mit den roten gekreuzten Würsten. Der SV Wilhelmshaven hat noch keine Torchance, und spielt in der 15. Minute seinen ersten Angriff, den der defensive Mittelfeldspieler Evangelos Papaefthimiou aus 22 Metern erfolgreich abschließt. Schwieriges Spiel für Torhüter.
Die Angriffe des VfB laufen über die linke Seite, weil da Mohamed Aidara, 22, spielt – und zwar gut. Mit der Zeit wird das Spiel härter, es wird ein Derby, und Schiedsrichter Patrick Schult, der längste Akteur auf dem Platz, zeigt drei Gelbe Karten. Dazu noch eine Rote gegen Wilhelmshavens Torschützen Papaefthimiou, nachdem der mit gestrecktem Fuß Daniel Bauer umholzt (67.).
Oldenburg macht das Spiel, läuft viel, doch die Wilhemshavener sind bei den wenigen Kontern gefährlicher. Kurz nach der Halbzeit eine gute Chance für den VfB durch Peer-Bent Wegener, aber ein bisschen Glück und SV-Torwart Hergen Gerdes sorgen dafür, dass die Führung Bestand hat.
Ex-Profi Julian Lüttmann, unter anderem Rot-Weiß Oberhausen, nun Mittelstürmer beim VfB, hängt in der Luft. Oder soll man sagen – im Wind? Bis er in der 79. ein Tor köpft, das Abseits gewesen sein soll. Und dann noch der Ausgleich, noch mal Lüttmann, wieder mit dem Kopf (85.). Verdienter geht nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren