FUP WILL NICHT INS BETT : Sniper im Haus
Ich lese Fup im Bett was vor. Eine blutrünstige Geschichte von Tomi Ungerer über einen Riesen, der kleine Kinder frisst, die er säckeweise abschleppt und die daraufhin in dunklen Verliesen versteckt werden müssen. Aber dann klingelt es Sturm. Fup springt auf und drückt den Türöffner. Herein kommen acht kugelsichere Beamte. Also nicht alle auf einmal, denn einige stehen auch vor dem Haus und sichern das Objekt. Aus unserem Haus sei geschossen worden, sagt einer der Beamten. Ob ich etwas wüsste. Ich weiß natürlich nichts. Fup auch nicht. Aber das ist mal was anderes als ein langweiliger Menschenfresser. Wir bleiben natürlich in der Wohnungstür stehen und gucken, obwohl wir nichts zum Tathergang beisteuern können. Dann kommt der Angeschossene, der die Polizei gerufen hat. Er blutet aber nicht, und Einschusslöcher sieht man auch keine. Er sagt einem Polizisten, der sich ein Bild zu machen versucht, dass er am Auge getroffen worden sei und dass das ganz schön ins Auge hätte gehen können, wenn das Auge direkt getroffen worden wäre.
Vielleicht sei es eine Erbse gewesen. Das kommt ihm dann doch etwas zu läppisch vor, weshalb er hinzufügt, dass es vielleicht auch ein Luftgewehr war. Die Polizeibeamten gehen die Treppe hoch zu der Wohnung, aus der geschossen wurde. Es gibt jetzt außer einem leeren Hausflur nichts mehr zu sehen. Den kennen wir zur Genüge, weshalb ich Fup wieder ins Bett zu bringen versuche. Dazu hat Fup keine Lust mehr. „Papa, kannst du mit mir spielen?“ „Und wenn nicht?“, frage ich. „Dann musst du trotzdem.“ Da ihm auch sonst noch das ein oder andere einfällt, um nicht ins Bett zu gehen, schimpfe ich. Fup sagt: „Papa, morgen wird es dir wieder leid tun.“ „Kann schon sein“, sage ich, „aber du musst trotzdem ins Bett, sonst hole ich einen Polizisten, damit der dich ins Bett bringt.“ Das wirkt.
KLAUS BITTERMANN