FU wird Eliteuni: Seine Exzellenzen
Dieter Lenzen hat Grund zum Jubel. Seine FU ist jetzt Elite-Universität. Bei der Versammlung aller Unichefs am Freitag betonten schon mal alle fleißig ihre Verbindung zum neuen Leuchtturm und bekannten: Wir waren FU-Studies.
Dieter Lenzen, Präsident der Freien Universität (FU):
"Mit der heutigen Entscheidung beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte der Freien Universität. Wir werden hiermit einen wertvollen Beitrag für die Entwicklung des Wissenschaftsstandortes Berlin leisten können. Die Freie Universität ist im Bereich der Geisteswissenschaften die Nummer eins in Deutschland."
Till Ermisch, Referent für Hochschulpolitik beim AStA der FU:
"Mit der Entscheidung wird das amtierende Präsidium gekrönt für seine schlechte Hochschulpolitik. Zusammenlegung von Bibliotheken, Schließung von Instituten, skandalöse Personalentscheidungen. Im Gegensatz zu anderen Unis wurde der Antrag für den Exzellenzwettbewerb unter Ausschluss der Studierenden erarbeitet. Wir befürchten durch die im Exzellenzwettbewerb geforderte Trennung zwischen Forschung und Lehre eine destruktive Rückwirkung auf die Lehre an der FU."
Christoph Markschies, Präsident der Humboldt-Uni (HU):
"Ich gratuliere den erfolgreichen Universitäten herzlich, insbesondere der Freien Universität. Leider wird das Zukunftskonzept ,Translating Humboldt into the 21st Century' nicht gefördert. Es bleibt dennoch das Zukunftskonzept der Humboldt-Universität für die kommenden Jahre. Die Entscheidung ist kein Desaster und nicht der Untergang der HU. Wir sind entschlossen, die zentralen Maßnahmen umzusetzen und werden insbesondere die Einrichtung des Forschungsinstitutes für integrative Lebenswissenschaften angehen."
Lena Müller, zuständig für Hochschulpolitik beim RefRat der HU:
"Die Freie Universität hat unser Beileid. Wir danken der Jury, dass sie uns hat verlieren lassen. Wäre die Humboldt-Uni mit ihrem Zukunftskonzept erfolgreich gewesen, hätte das die Streichung von 30 bis 40 Professuren bedeutet. Denn von der Exzellenzinitiative wäre nur fünf Jahre lang Geld geflossen, danach hätte die Uni die Kosten für die neu gegründeten Institute selbst tragen müssen. Und da nur die Forschung gefördert werden sollte, wäre das zu Lasten der Lehre und der Studierenden gegangen. Wir hoffen, dass von dem Konzept möglichst wenig umgesetzt wird."
Jürgen Zöllner (SPD), Wissenschaftssenator:
"Etwa 15 Prozent der in dieser Runde vergebenen Mittel gehen nach Berlin. Das belegt die Stärke des Wissenschafts- und Forschungsstandorts. Für die Freie Universität wird diese Auszeichnung das Fundament für den Ausbau eines weltweiten Spitzenrenommees sein. Kein Wettbewerb kann nur Sieger küren. Die Humboldt-Universität hat einen hervorragenden Antrag gestellt, der nur knapp die zweite Hürde nicht genommen hat."
Klaus Wowereit (SPD), Regierender Bürgermeister:
"Berlin verfügt jetzt mit der Freien Universität über einen international anerkannten Leuchtturm der Wissenschaft." Insgesamt hätten aber alle Berli- ner Hochschulen "exzellente Bereiche". ALL, API
VON NINA APIN
Wer gestern beim öffentlichen Auftritt der Universitätspräsidenten nach der Exzellenzentscheidung Emotionen erwartet hatte, wurde enttäuscht. Zwar hatten die sechs Männer in dunklen Anzügen auf dem Podium gute Nachrichten zu verkünden, doch das merkte man ihrem Mienenspiel nicht an: Nur Christoph Markschies, Präsident der Humboldt-Universität, lächelte tapfer. Er hatte beim Wettrennen um Elite-Unis verloren.
Gewonnen hat dagegen Dieter Lenzen, Präsident der Freien Universität. Er kann künftig 100 Millionen Euro für die Spitzenforschung, zwei Millionen für Graduiertenschulen und 13 Millionen Euro für zwei Exzellenzcluster einstreichen.
Dennoch bemühte Lenzen sich, nicht allzu sehr aufzutrumpfen. Sein erster Gedanke, erklärte er, mit Stehkragen und schwarzem Jackett wie ein Priester gekleidet, hätte den Studenten gegolten, die bei der FU-Gründung ihr Leben ließen. Auf die Frage, ob er sich nun als Leiter der besten Berliner Uni fühle, antwortete er: "Unser Markenzeichen ist nicht die Exzellenz, sondern die Freiheit." Nur im Namen des Wissenschaftsstandorts gestattete er sich Freude. "Berlin ist wieder da!"
So bemüht um wohlwollende Kollegialität gegenüber der düpierten HU waren die Podiumsteilnehmer, dass es erfrischend war, dass wenigstens Markschies unumwunden zugab, er sei "traurig über das Scheitern" seiner Hochschule. Er dankte für die Ermunterung der Exzellenzkommission, die seinem Zukunftskonzept immerhin "Mut" bescheinigt habe. Nach dieser Ermutigung, so Markschies, werde er "keinen Jota" von der Weiterverfolgung des Konzepts "Translating Humboldt into the 21st Century" abweichen. Übrigens fühle er sich der siegreichen FU verbunden: Sein Vater habe dort Germanistik gelehrt.
Plötzlich überboten sich auch die Kollegen darin, ihre Verbundenheit mit der Sieger-Uni zu betonen. Der ebenfalls unterlegene Chef der TU Berlin, Kurt Kutzler, gratulierte Lenzen "als Alumnus". Und auch Detlev Ganten, Vorstand der an zwei geförderten Forschungsverbünden beteiligten Charité, betonte, seinerzeit an der FU studiert zu haben.
Erst jetzt traute sich Wissenschaftsstaatssekretär Hans-Gerhard Husung, von Geld zu sprechen: Fünfzehn Prozent des Exzellenzbudgets von 1,9 Milliarden Euro seien nun nach Berlin geflossen. In der Beantwortung dieser Frage glänzte nur Kutzler durch Exzellenz: Das seien, rechnete er dem verdutzten Publikum vor, exakt 258 Millionen.
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