: FU-Politologe redete vor Rechtsextremisten
■ Vorfall beschäftigt Otto-Suhr-Institut
Kurz vor der Sommerpause hat das Otto-Suhr-Institut (OSI) an der FU seinen hauseigenen Skandal. Der wissenschaftliche Assistent Roland Hahn (40), im ausgehenden Semester mit Kursen wie „Ethik und Politik bei Aristoteles“ und „Das politische Denken der Deutschen Romantik“ eher im unverfänglichen Fahrwasser der Zunft, erhielt unverhoffte Publizität. Hintergrund ist ein Artikel in der neuesten Ausgabe der Fachschaftszeitung OZ, in dem Hahn ein Vortrag vor dem rechtsextremen „Bildungswerk Hoffmann von Fallersleben“ vorgehalten wird. Hahns Auftritt liegt allerdings schon über ein Jahr zurück: Am 28. Januar vergangenen Jahres referierte der Akademiker dort über „Nationale Identität“, wie eine Einladungsliste des Bildungswerkes vermerkt. Gegenüber der taz verteidigte sich Hahn mit den Worten, er teile nicht die Einschätzung, „daß es sich hierbei um eine rechtsextremistische Vereinigung handelt“. Nur wer sich „radikal und extremistisch“ gebärde, stehe nicht auf dem „Boden des Grundgesetzes“. Hahn: „Beides habe ich aber beim Bildungswerk nicht feststellen können“.
Ob Kalkül oder Unwissenheit – Tatsache ist, daß das Bildungswerk mit der rechtsextremen Szene eng verzahnt ist. Um das festzustellen, genügt ein Blick auf die Mitgliederliste. Seit Ende letzten Jahres – als der Ex-Rep-Landeschef Carsten Pagel den Vorsitz abgab – wird das Bildungswerk von Karl- Heinz Ponteleit geführt, einem Mitglied der am äußersten rechten Rand angesiedelten „Deutschen Liga für Volk und Heimat“ (DL). Nicht nur, daß in der DL-Monatsschrift Deutsche Rundschau regelmäßig für Veranstaltungen geworben wird. Zu den Vortragenden gehörte in der Vergangenheit auch Harald Neubauer, Europaabgeordneter, ehemaliger Rep und Bundesvorsitzender der DL. Der bislang größte Clou des Bildungswerkes – ein Auftritt des CDU- Bundestagsabgeordneten Heinrich Lummer – scheiterte im Februar dieses Jahres, nachdem die Berliner Christdemokraten auf ihren Parteifreund Druck ausgeübt hatten.
Unter den Berliner Wissenschaftlern ist Hahn nicht der einzige, der bislang vor dem Bildungswerk gesprochen hat. Zu den gern gesehenen Gastreferenten gehört seit längerem Klaus Motschmann, Professor am Institut für Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Hochschule der Künste. Der 59jährige, der wie Hahn dem konservativen „Bund Freiheit der Wissenschaft“ angehört und unter anderem Autor für die rechte Intellektuellenzeitschrift Criticon ist, kann sich nach eigenen Angaben an „zwei bis drei Vorträge“ vor dem Bildungswerk erinnern. „Solange man mir die Verfassungsfeindlichkeit des Bildungswerks nicht nachweist“, so Motschmann zur taz, „werde ich dort auch weiterhin Vorträge halten.“ Severin Weiland
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