FREIHANDELS-ABKOMMEN Die Bremer SPD ist gegen Ceta – unter anderem fehle ein Streik- und Rekommunalisierungsrecht: Nicht ratifizierbar
Sascha Aulepp, SPD-Landesvorsitzende
Wenn sich der Landesvorstand der Bremer SPD zum Comprehensive Economic and Trade Agreement (Ceta) zwischen Kanada und der Europäischen Union äußert: Wackelt dann der Schwanz mit dem Hund? Ist dann das Umfallen eines Bremer Reissacks noch im fernen Kanada zu vernehmen? Oder ist es schlicht sinnvoll, weil nur der Protest der Vielen etwas bewirkt?
Sascha Aulepp neigt zu letzterer Interpretationsart, unter ihrem Vorsitz hat der Landesvorstand gestern ein detailliertes Papier beschlossen. Es trägt den Titel: „Ceta nicht ratifizieren – oder substantiell verbessern!“
Die Bremer SPD will darin deutlich machen, dass der vorliegende Ceta-Vertragstext in einigen wichtigen Punkten nicht den Anforderungen entspreche, die die SPD bereits aufgestellt hat. So in ihrem Konventsbeschluss vom September 2014 und beim Parteitagsbeschluss vom Dezember 2015. Konkret geht es um verbindliche Anforderungen in Bezug auf Arbeitnehmerrechte, etwas das Streikrecht, und um Ausnahmen bei der Liberalisierungsverpflichtung in Bezug auf die Daseinsvorsorge. Beispiel: Die Rekommunalisierung von Kraftwerken müsse, sagt Aulepp, auch nach Ceta möglich sein.
Neben den Inhalten hat die Bremer SPD klare Ansprüche ans Beschlussverfahren: Sie findet es „unglaublich“, sagt Aulepp, wie sich EU-Präsident Jean-Claude Junker in dieser Frage positioniert habe – in dem er die Befassung der Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten zur Disposition stellte. „So etwas“, warnt Aulepp, „fördert EU-Verdrossenheit.“
Sie freue sich deshalb sehr, sagt Aulepp, über „die klare Haltung von Sigmar Gabriel zur zwingenden Notwendigkeit der Befassung des Bundestages“. Doch der Parteichef, der zugleich Wirtschaftsminister ist, musste in Sachen Ceta und TTIP von seiner Basis immer wieder mal auf Kurs gehalten werden. „Es gibt manchmal verwirrende Äußerungen des Vorsitzenden“, sagte Bremens EU-Abgeordneter Joachim Schuster (SPD) vor einem halben Jahr, als 130 Handelsabkommen-KritikerInnen ihn in seinem Bremer Büro besuchten. Für den damals anstehenden SPD-Parteitag wurden deswegen rote Lineale verteilt, um an die „roten Linien“ der Partei in Sachen Ceta und TTIP zu erinnern.
Jetzt geht es abermals darum, den Druck von unten her aufzubauen. Die Bremer SPD ist der erste Landesverband, der sich entsprechend positioniert hat – Aulepp ist zuversichtlich, dass weitere folgen. Mitte September 2016 findet in Wolfsburg wieder ein Parteikonvent der SPD zu Ceta statt. Wenn dort ein Sack ins Rutschen kommt, rumpelt es schon lauter. HB
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