FRANKREICHS NOT LEIDENDE GROSSKONZERNE SCHIELEN AUF DEN STAAT: Kein Beispiel für Deutschland
Vivendi Universal scheint trotz seines lebensspendenden Namens kurz vor dem Ende. Der ehemalige französische staatliche Wasserversorger Générale des Eaux hatte auf Kredit den zweitgrößten internationalen Medienkonzern zusammengekauft. Nachdem jetzt die Anleger und Kredit gebenden Banken wieder weniger auf Visionen und mehr auf den tatsächlichen Profit achten, stürzte der Konzernchef und Schöpfer der Konglomerats, Jean-Marie Messier. Und der Aktienkurs Vivendis fiel allein gestern um ein Drittel nach unten, nachdem die internationale Rating-Agentur Moody’s öffentlich bezweifelt hatte, dass der Konzern das kommende Jahr ohne Zahlungsunfähigkeit übersteht.
Damit ist der Vorstoß des französischen Vorzeigekapitalisten Messier in die angelsächsische Konzernwelt erst einmal zum Stillstand gekommen. Hinter den Pariser Kulissen wird nun entschieden: Muss sein Nachfolger die meisten Konzernteile wieder verkaufen, um die Kredite zurückzahlen zu können? Oder hilft das bewährte französische Netz aus Politikern und Wirtschaftsbossen? Das würde bedeuten, der Staat greift ein und die Steuerzahler begleichen einen Teil der Verluste. Bisher ist das französische Praxis, könnte aber teuer werden. Denn es gibt einige dieser marode Hightech-Firmen im Lande, allen voran die France Télécom.
Auch bei der Bundesregierung in Berlin dürfte man mit Interesse zu den Kollegen in Frankreich blicken. Hat doch der Finanzminister potenziell einen ähnlichen Fall am Hals, die Deutsche Telekom. Auch hier ist Vorstandsvorsitzender Ron Sommer mit großen Visionen aufgebrochen, hat sich unter anderem in den USA teuer eingekauft und bringt nun seine Schulden einfach nicht mehr auf ein erträgliches Maß. Bei der Deutschen Telekom spricht noch niemand von Zahlungsunfähigkeit. Aber wenn die Umschuldung der derzeit knapp 70 Milliarden Euro Verbindlichkeiten ansteht, wird es selbst bei einer früheren Geldmaschine wie der Telekom einmal kritisch. Spätestens dann werden alle auf den potenten Großaktionär blicken, den Bund. Aber natürlich erst nach dem Sommer, nach der Bundestagswahl. REINER METZGER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen