FDP will Burschenschafter ausschließen: Auch unter Konservativen zu viel
Ein Funktionär der „Deutschen Burschenschaft“ bezeichnet den NS-Widerstandskämpfer Bonhoeffer als „Landesverräter“. Nun will ihn seine Partei, die FDP, ausschließen.
HAMBURG taz | In der Partei hat er kein Amt inne – in der nordrhein-westfälischen FDP fiel er bisher gar nicht auf. Seinen politischen Aktivitäten konzentriert Norbert Weidner auch auf die „Deutsche Burschenschaft“ (DB). Ein Parteiausschlussverfahren ist dennoch eingeleitet. „Die Positionen von Herrn Weidner sind nicht FDP-Kompatibel“, sagt Moritz Kracht, Landespressesprecher der FDP, der taz. Der Grund: Weidner bezeichnete den Nazi-Widerstandskämpfer und Theologen Dietrich Bonhoeffer als „Landesverräter“.
In einem Leserbrief in der Mitgliederzeitung der „Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“ (Raczeks) hatte Weidner zu der Hinrichtung Bonhoeffers am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg geschrieben: „Rein juristisch halte ich die Verurteilung für gerechtfertigt“. Weidner, selbst bei den Raczeks, führte im Herbst 2011 in der Zeitung weiter aus, dass Bonhoeffer im Zweiten Weltkrieg „politische und militärische Pläne vor allen den Briten“ zukommen ließ und deswegen auch „zweifelsfrei ein Landesverräter“ sei, der den Tod Tausender deutsche Soldaten mitverantworte.
Ein Beitrag in der Mitgliederzeitung in dem Bonhoeffer als Vorbild für Burschenschaftler dargestellt wurde, hatte Weidner zu dem Leserbrief bewegt. Weidner, der bei der DB den sehr wichtigen Posten des Herausgebers der auflagenstarken „Burschenschaftlichen Blättern“ inne hat, konnte das so wohl nicht stehen lassen. „Diese Aussagen können nur zum Ausschluss führen“, sagt Kracht, auch wenn Weidner bloß eine „klassische Karteileiche“ sei.
1999 sei Weidner in die FDP eingetreten. Nicht seine erste Partei. In der verbotenen Neonazipartei „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“ (FAP) war er Landesgeschäftsführer in Nordrhein-Westfallen. Mit 15 Jahren gehörte er schon der ebenso später verbotenen „Wiking Jugend“ an. 1995, nach dem Verbot der FAP, trennte er sich von der Szene. „Ich steige nicht aus, ich ziehe mich zurück“, sagte er damals im Interview der taz. Drei Jahre später, 1999, schloss er sich den Raczeks an und ging zu FDP. „Er hatte keine Ämter inne“ sagt Kracht. Einmal im Jahr habe er bloß seinen Mitgliedsbeitrag bezahlt.
Für Eklats bekannt
In der DB dürften die Aussagen ihres hohen Funktionärs auch zu Debatten führen. Mit 120 Bünden und knapp 10.000 Verbandsbrüdern ist die DB einer der größten Dachverbände der deutschen Verbindungen.
Doch bereits im vergangenen Jahr löste Raczeks einen Eklat auf den Burschenschaftstag aus: Sie wollten den chinesischstämmigen Burschenschaftler Kai Ming Au aus der „Burschenschaft Hansea zu Mannheim“ ausschließen lassen. Der harte Streit um einen „Ariernachweis“ wurde für die DB zu einen medialen Desaster, auch wenn der Antrag scheiterte.
Nach dem Eklat schlossen sich aber auch liberalere Bünde zu der „Initiative Burschenschaftliche Zukunft“ (IBZ) zusammen. Zu dem Burschentag 2012 vom 30. Mai bis 3. Juni in Eisenach sollen Anträge kommen, die Weidners großen Einfluss eindämmen könnten. Ein Beirat für die Blätter, die mit einer Auflage von 10.500 Exemplaren erscheint, könnte es geben, und sie könnten statt viermal im Jahr nur zweimal erscheinen.
Der Chefredakteur soll auch nicht mehr 23.000 Euro – das bestbezahlte Amt der DB – erhalten. „Im Verband wird diskutiert ob Herr Weidner noch tragbar ist“, antwortet DB-Pressesprecher Michael Schmidt auf Nachfrage der taz. Kracht betont indes: „Nein, nicht wegen des laufenden Wahlkampfes soll der Ausschluss erfolgen, diese Aussagen sind nicht mit den Werten einer liberalen Partei vereinbar“.
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