FDP und Gewerkschaften: Westerwelle mag den Sommer nicht
Die FDP spricht von einer "Wiederannäherung", doch Westerwelles Treffen mit dem DGB-Bundesvorstand markiert wohl kaum den Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
BERLIN taz | Vergnügen sieht anders aus: Als am Dienstag FDP-Chef Guido Westerwelle zum Gespräch bei der Klausurtagung des DGB-Bundesvorstands eingeladen war, mag er sich an den Besuch von DGB-Chef Michael Sommer bei der FDP-Bundestagsfraktion im Oktober 2008 erinnert haben: "Schön war das nicht", resümierte Sommer sein Zusammentreffen mit den Liberalen - und ließ dieser Tage keine Zweifel daran, dass Westerwelle Ähnliches erwartet: "Ihm wird es nicht anders gehen."
Das ist keine allzu große Überraschung: Seit Beginn der schwarz-gelben Regierung geißelt der DGB-Chef die FDP-Politik als "unsozial" und "unausgegoren". Ob Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, Gesundheitsminister Philipp Rösler oder Westerwelle selbst: für den DGB-Chef sind die FDP-Vertreter in der Bundesregierung allesamt "Klientelpolitiker".
Ein besonderes rotes Tuch stellen für den DGB - neben den von der FDP vehement eingeforderten Steuersenkungen - die Pläne von Gesundheitsminister Rösler dar: Gegen die Einführung einer Kopfpauschale und die Einfrierung der Arbeitgeberbeiträge bei steigenden Gesundheitskosten hat der DGB massiven öffentlichen Widerstand angekündigt. Demonstrativ hat er sich dafür zu Sondierungsgesprächen mit Wohlfahrtsverbänden, NGOs und den gesetzlichen Krankenkassen getroffen.
Der DGB setzt also nicht zu viele Hoffnungen in das Zusammentreffen mit Westerwelle. "Ich erwarte, dass er sich der Diskussion stellt", hatte Sommer knapp beschieden, als er Anfang Januar auf den Termin angesprochen wurde.
Man scheint aber auf ein Treffen mit Westerwelle, der noch 2005 herausposaunte, Gewerkschaftsfunktionäre seien "die wahre Plage in Deutschland", nicht verzichten zu können. Zu bedeutsam ist die FDP durch ihre Regierungsbeteiligung geworden. "Vielleicht entwickelt er ja auch Verständnis für bestimmte Positionen", hofft man bei Ver.di.
Bei den beiden größten DGB-Gewerkschaften IG Metall und Ver.di erntet Sommer für seine taktischen Spaltungsversuche - harsche Kritik an der FDP und vergleichsweise Milde gegenüber der CDU - Verständnis. Schließlich pflege man mit den Christdemokraten eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, ist aus beiden Häusern zu hören. So sei der Mindestlohn in der Abfallwirtschaft zum Beispiel dank Drucks aus der CDU auch noch unter der neuen Regierung und gegen den Willen der FDP verabschiedet worden. Zumindest bei arbeitsmarktpolitischen Regelungen kleineren Ausmaßes sei bei der CDU im Unterschied zur FDP "durchaus Konzessionsbereitschaft vorstellbar", glaubt man bei der IG Metall.
Bestenfalls höfliches Unverständnis für die Ansichten der Gewerkschaften herrschte über Jahrzehnte bei der FDP. Die fordert bekanntlich nicht nur die Abschaffung der umstrittenen Jobcenter, sondern gleich die Auflösung der Bundesagentur für Arbeit. Obendrein hält sie gesetzlich fixierte Mindestlöhne für Gift für die Wirtschaft. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Fraktion schlägt nun neue Töne an: Das Treffen Westerwelles mit dem DGB-Vorstand sei "ein wichtiges Signal", urteilt Johannes Vogel gegenüber der taz. "Ich begrüße die Wiederannäherung ausdrücklich, denn das Verhältnis zwischen DGB und FDP war viel zu lange angespannt", sagt Vogel, der zudem Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen ist.
Diese höfliche Zurückhaltung wird wohl spätestens im Sommer abgelegt. Dann ist die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen vorüber, und die Diskussion über Sozialkürzungen wird voll entflammen.
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