FDP in Ostdeutschland: Sächsischer Sonderweg
Landeschef Holger Zastrow positioniert die sächsischen Liberalen als Gegenmodell zur alten Bundespartei. So will er die Wende für die gesamte FDP schaffen.
DRESDEN taz | Nein, am sächsischen Wesen solle nicht die gesamte FDP genesen, dementiert der sächsische Landesvorsitzende Holger Zastrow eine nahe liegende Vermutung. Mitte der Woche hatte er bekannt gegeben, auf dem bevorstehenden Parteitag nicht wieder als Bundesvize zu kandidieren. Er wolle sich ganz auf Sachsen konzentrieren, wo voraussichtlich am 31. August des kommenden Jahres ein neuer Landtag gewählt werden wird.
Dann ist aber doch vom „sächsischen Weg“ die Rede. „Wir haben den Ehrgeiz, in Sachsen die Wende für die FDP bundesweit zu schaffen“, heißt es in Zastrows Erklärung. Nach Zahlen ist dieser „sächsische Weg“ zunächst eine Erfolgsgeschichte. Unter dem seit 1999 amtierenden Zastrow stieg die FDP von einer 1,1-Prozent-Partei bis zur Regierungsbeteiligung im Jahr 2009 mit 10 Prozent Wählerstimmen auf. Gegenwärtig wird Sachsen von der letzten schwarz-gelben Koalition in Deutschland regiert.
Inhaltlich steht die Zastrow-FDP für einen straff wirtschaftsliberalen Kurs. „Als Ossis wissen wir aus Erfahrung, wohin Planwirtschaft, naive Staatsromantik und Wohlfühlsozialismus führen“, begründet Zastrow seine Haltung. Linkstendenzen in der Union, Energiewende, Pkw-Maut gelten daher als Teufelszeug. Der Mindestlohn der Koalitionsvereinbarung ist für Zastrow ein „fataler Angriff auf die wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland“. Worin ihm der kleine Flügel der Liberalen Arbeitnehmer allerdings widerspricht.
Ansonsten wird bei den sächsischen Liberalen nicht viel widersprochen. Was für den Chef ein „tolles Team“ ist, gilt parteiinternen Kritikern wie Joachim Brockpähler, zugleich Vorstand der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GÖD), als autoritärer Führingsstil Zastrows. Brockpähler hatte sich im Vorjahr mit Kritik insbesondere am Standortegesetz gemeldet, einer im ganzen Freistaat nur belächelten und 330 Millionen Euro teuren Behördenrochade. Zu Zastrows Erfolgen in der Koalition zählt hingegen die Durchsetzung einer zweiten Bildungsempfehlung nach der 6. Klasse in einer zur „Oberschule“ umgetauften Mittelschule.
Keine Karrierepartei
„Die sächsische FDP ist anders“, beharrt Zastrow, sie sei keine Karrierepartei und werde fast ausschließlich im Ehrenamt geführt. Auch deshalb präsentiert man sich nun als „Gegenmodell zur FDP der vergangenen vier Jahre in Berlin“.
Zastrow, Chef einer Werbeagentur, weiß allerdings auch, was die Stunde geschlagen hat: Die Abkopplung vom Abwärtssog der Bundespartei erscheint überlebenswichtig. Dieser Rösler-FDP hätte Zastrow gern einen „fundamental anderen Kurs“ verordnen wollen. Auf Stammwähler, auf einen politisch verankerten Liberalismus, kann die FDP im Freistaat nicht bauen. Also bleibt ihr nur, auf die original sächsische Karte zu setzen.
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