FDP in Hessen: Liberale wollen Reli-Unterricht kappen
Die FDP in Hessen will sich profilieren. Nachdem CDUler gegen den Islamunterricht stänkerten, soll nun der Religionsunterricht komplett dran glauben.
FRANKFURT/M. taz | Gerne möchte auch Hessens Justiz- und Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) das bundesweit heruntergefahrene liberale Profil seiner Partei runderneuern. In Hessen fängt er jetzt damit an. Dafür herhalten muss der Koalitionspartner CDU, den sich Hahn am Wochenende in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau vorknöpfte.
Einige Rechtsausleger der hessischen CDU hatten die im Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP noch für diese Legislaturperiode in Aussicht gestellte Einführung von islamischem Religionsunterricht an den Schulen des Landes erst kürzlich wieder in Frage gestellt. Nun kokettierte Hahn mit dem Gedanken, im Gegenzug dann den Religionsunterricht der beiden großen christlichen Konfessionen zu verbieten.
Und Hahn wurde auch gleich noch grundsätzlich: "In meiner Partei gibt es eine Diskussion darüber, ob ein säkularer Staat überhaupt weiter bekenntnisorientierten Religionsunterricht anbieten soll!"
Eine Provokation für die Union. Und eine Reaktion vor allem auf eine Äußerung des schulpolitischen Sprechers der Landtagsfraktion der hessischen CDU, Hans-Jürgen Irmer. Der Rechtsaußen der Fraktion hatte sich öffentlich gegen den staatlich angebotenen Islamunterricht an hessischen Schulen positioniert, "weil dort Grundlagen geschaffen werden, die in den Koranschulen noch verfeinert werden".
Unionsfraktionschef Christean Wagner legte dann noch nach: Der Passus mit dem Islamunterricht an hessischen Schulen im Koalitionsvertrag sei der Union "von der FDP abgerungen" worden, so Wagner. Und deshalb werde die Sache von der CDU auch nur "widerwillig umgesetzt". Schließlich sah Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sich danach genötigt, der FDP zu versichern, dass der Koalitionsvertrag "eingehalten und umgesetzt" werde.
Die Grünen werfen Hahn Scheinheiligkeit vor. Schließlich habe es die FDP-Kultusministerin Dorothea Henzler zu verantworten, dass immer noch keine rechtlich einwandfreie Vorlage zur Einführung des Islamunterrichts an Hessens Schulen erstellt wurde. Dabei hätten die islamischen Verbände im Land, die sich dafür beworben haben, ihre Anträge schon im Januar eingereicht. "Es ist unfassbar, wie weit die verzweifelten Profilierungsversuche der FDP mittlerweile gehen", so der Parlamentarische Geschäftsführer der grünen Landtagsfraktion, Mathias Wagner.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja