FDP-Frau über Frauen in der FDP: "Die Quote ist beerdigt"
Die FDP ist die einzige Partei im Bundestag ohne Frauenquote. Lange kann sie ihre Ablehnung nicht mehr aufrechterhalten, meint die Vorsitzende der Liberalen Frauen.
taz: Frau Buchholz, die FDP hat der Flexiquote von Frauenministerin Kristina Schröder jetzt eine eindeutige Absage erteilt. Fühlen Sie sich als Quotenbefürworterin von der eigenen Partei düpiert?
Doris Buchholz: Nein. Ich weiß doch, dass Nicole Bracht-Bendt, die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Bundestag, die den Absagebrief geschrieben hat, gegen eine Quote ist.
Die frauenpolitische Sprecherin übergeht den Willen der Liberalen Frauen, die mehrheitlich Quoten befürworten. Läuft da was schief?
Die Quote ist ein Dauerbrenner in unserer Partei. Selbst auf Facebook wird das heftig debattiert. Manche Gegnerinnen verbreiten dort das Argument, dass die Guten in jedem Fall hochkommen.
Stimmt das nicht? Der aktuelle „Women in Board“-Index zeigt, dass der Frauenanteil in Topjobs gestiegen ist.
Ohne die öffentliche Debatte wäre das doch gar nicht passiert.
Die Flexiquote ist bereits ein Zugeständnis an die Wirtschaft. Ist mit der FDP-Absage die Quote beerdigt?
Das sehe ich so.
Gibt es jetzt neuen Koalitionskrach?
Das kann ich nicht einschätzen. Aber ich fürchte, dass die FDP das Thema Quote und alles, was dahintersteht, nämlich die angemessene Beteiligung von Frauen an Entscheidungen in Wirtschaft und Politik, immer noch nicht verstanden hat.
Die FDP ist die einzige Partei im Bundestag ohne eigene Quote. Ist das noch Ihre Partei?
Positionen wie Bürgerrechte, Liberalismus und Freiheit finden Sie in keiner anderen Partei so wie bei uns. Ich will die Hoffnung nicht aufgeben, dass sich bald etwas ändert. Auch in Sachen Quote.
ist Rechtsanwältin in Sulzbach (Saarland) und Bundesvorsitzende der Liberalen Frauen. Die 52-Jährige gehört zu den Erstunterzeichnerinnen der überparteilichen „Berliner Erklärung“, die eine gesetzliche Quote zur geschlechtergerechten Besetzung von Entscheidungsgremien der Wirtschaft fordert.
Wie soll das gehen?
Die Liberalen Frauen werden weiter für eine angemessene Beteiligung der Frauen kämpfen. Die meisten Funktionsträger sind nur über Quoten in die Positionen gekommen. Regionalproporz oder auch feste Plätze für die Julis sind nichts anderes als Quoten, nur dass das keiner zugeben will.
Warum lehnen die Jungen dann eine starre Regelung ab?
Wir werden noch viel Überzeugungsarbeit insbesondere unter den jungen Parteimitgliedern leisten müssen. Man braucht ein gewisses Alter, um zu verstehen, dass es ohne feste Vorgaben nicht geht. Spätestens wenn junge Frauen Kinder bekommen, merken sie, wie subtil sich eine Unternehmenskultur mit männlich geprägten Strukturen auf ihre Karriere auswirkt.
Verprellt die FDP junge Frauen?
Wenn sie so weitermacht, werden noch ganz andere Dinge passieren. Aber lange können die QuotengegnerInnen ihre Position nicht mehr aufrechterhalten. Gerade habe ich eine Umfrage aus Bayern gelesen. Dort ist die Hälfte der FDP-Mitglieder für eine Quote. Das, was die Parteiführung propagiert, ist offensichtlich nicht mehr das, was die Basis will.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“