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FAKE Die kurze Geschichte einer Bundeswehr-Anzeige, die keine Anzeige war, aber uns dafür ein VergnügenSchießen Sie gern?

Bundeswehrsoldatinnen bei der Ausübung ihres Sports Foto: Repro: taz

von Andreas Rüttenauer

Eine Anzeige der Bundeswehr! Schon wieder! Das auch noch auf einer ganzen Seite! Wie konnte die taz nur?!

Die Antwort ist ganz einfach: Es war uns ein Vergnügen. Die Anzeige, inzwischen dürfte sich das herumgesprochen haben, war ein Fake. Sie ist in der Redaktion ersonnen worden, war nicht von der Anzeigenabteilung gebucht. Das Team der rio.taz, den täglichen Sonderseiten zu den Olympischen Spielen, hat sich einen Spaß erlaubt.

Erklären wollen wir an dieser Stelle unseren Witz nicht. Die Fake-Anzeige, die am vorvergangenen Freitag erschienen ist, sah beinahe so aus wie jene Anzeigen, die die Bundeswehr nicht müde wurde in ganz Deutschland – und auch in der taz – zu schalten. Für die Olympia-Redaktion lieferte die Kampagne der Bundeswehr eine Steilvorlage. Die Aufmacherseite der rio.taz war eine Persiflage auf diese Werbung.

Da stellt sich die Bundeswehr vor, als sei sie ein Sportverein. Wir haben nun nicht viel mehr gemacht, als darauf hinzuweisen, dass die Bundeswehr, trotz aller PR, letztendlich eine Armee ist und bleiben wird: „Sonne, Sand und Schießgewehr!“

Dass in der LeserInnenschaft und auch in Verlag und Redaktion heftig darüber diskutiert wird, ob die taz überhaupt Anzeigen der Bundeswehr abdrucken sollte, hat der Fake-Anzeige gewiss eine hohe Einschaltquote verschafft. Die Diskussion war aber nicht der Grund dafür, dass wir uns in der beschriebenen Weise mit dem Thema Sportförderung und Bundeswehr aus­ein­andergesetzt haben. Warum die Steuergelder, die für die Leistungssportförderung eingesetzt werden, in Stellen bei Armee und Polizei investiert werden, damit haben wir uns auf den Leibesübungen-Seiten der taz oft beschäftigt.

Das Nationalmarketing, das Deutschland durch seine Sportförderung via Athleten in Uniform betreibt, wird selten kritisch hinterfragt. Dabei gibt es auch unter ehemaligen Spitzensportlern Kritik an dieser Sportförderpraxis.

Nationalmarketing durch Sportler in Uniform – ein klassisches taz-Thema

Wolfgang Maennig, Ruder­Olympiasieger von 1988, ist einer derjenigen, denen die Abhängigkeit des Sports vom Staat in diesem Bereich missfällt.

In einem taz-Interview, vor den Olympischen Winterspielen in Vancouver 2010 gegeben, sagte der ehemalige Präsident des Deutschen Ruderverbands: „In der alten Bundesrepublik ­haben wir vor dem Mauerfall gegen den Ostblock und den dortigen ‚Staatsamateur‘, also den Sportler gewettert, der keine Ausbildung macht, keinem Beruf nachgeht, beim Militär angestellt ist, in Wirklichkeit aber ausschließlich Spitzensport betreibt. Das war nicht unser Ideal­bild vom mündigen, ganzheitlich entwickelten Athleten.“ Weil auch in anderen Nationen viele Soldaten bei Olympia an den Start gehen, bezeichnete Maennig Olympia 2010 als „fast schon Militärfestspiele“. Kann man so sehen.

So, nun aber wirklich Schluss mit der Witzeerklärerei! Ernsthaft: Es war uns herzlich wurscht, ob wir mit unserer Aktion einen Anzeigenkunden verärgern könnten. Wir sind die Redaktion! Um die Betreuung von Anzeigenkunden kümmern wir uns nicht.

Andreas Rüttenauer ver­antwortete zusammen mit Jan Feddersen die rio.taz

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