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Ex-UN-Klimarat-Chef de Boer"Das Kioto-Protokoll ist tot"

Der Geist des Kioto-Protokolls sei verschwunden, sagt der ehemalige UN-Klima-Generalsekretär Yvo de Boer. Für die Zukunft schlägt er eine neue Institution vor: eine Art Klima-WTO.

Yvo de Boer beim Klimagipfel in Kopenhagen. Da gab's in der Tat wenig zu lachen. Bild: reuters
Bernhard Pötter
Interview von Bernhard Pötter

taz: Herr de Boer, die Klimakonferenz ringt wieder mal um einen Kompromiss. Sie haben diese Verhandlungen lange geleitet. Wie sehen Sie die Lage?

Yvo de Boer: Der Geist des Kioto-Protokolls ist verschwunden. Der Körper wird zwar noch künstlich am Leben erhalten und vielleicht werden einige der Organe verpflanzt. Aber wir müssen sehen, dass das Kioto-Protokoll tot ist.

Warum?

Weil es keinen politischen Willen gibt, es mit Leben zu füllen. Ein Klimaabkommen, das die USA, Russland, Japan und Kanada nicht bindet, ergibt keinen Sinn. Europa hält sich an die Regeln, aber es ist allein. Heute stehen die verbleibenden Kioto-Länder für keine 20 Prozent der globalen Emissionen. Als wir Kioto ratifziert haben, waren das 55 Prozent. Wir müssen den Leuten endlich sagen, dass das nicht so funktioniert, wie es geplant war.

Was heißt das für die nächste Klimakonferenz in Durban?

Ich habe hier mit einigen erfahrenen Verhandlern geredet. Sie sagen, dass wir in Durban einen Fahrplan brauchen, der uns ins nächste Jahr bringt. Das bezweifle ich. Wir hatten in Rio 1992 einen Fahrplan, in Kioto, in Kopenhagen, in Cancun. Wie viele Fahrpläne brauchen wir denn noch?

Yvo de Boer

57, ist ein niederländischer Politiker und war von 2006 bis 2010 Generalsekretär des Sekretariats der Klimarahmenkonvention der UN. Inzwischen arbeitet er für die Unternehmensberatung KPMG.

Was ist Ihre Alternative?

Die Märkte sollten eine viel wichtigere Rolle spielen. Wir haben einen wachsenden internationalen Markt für Kohlenstoff und dazu Länder und Unternehmen, die sehr interessiert daran sind, in die grüne Wirtschaft einzusteigen und ihre Wirtschaft vom Kohlenstoff wegzubringen. Wir brauchen ein System, das viel mehr auf Anreize setzt.

Also wollen Sie Emissionsgrenzen abschaffen?

Nein, es muss natürlich Emissionsgrenzen geben. Aber man muss den politischen Willen organisieren, um sie zu erreichen. Man sollte die Ergebnisse des Cancun-Gipfels nehmen - Emissionsreduzierung, Prüfmethoden, Anpassungsmaßnahmen, der Grüne Fonds für Klimaschutz - und den politischen Willen suchen, um sie umzusetzen. Ich würde so etwas wie die Welthandelsorganisation WTO bevorzugen. Ein solches Gremium könnte den Ländern Vorteile beim Zugang zu grüner Technologie und beim Handel einräumen. Die Länder sollten ihm nicht aus Zwang, sondern eigenem Antrieb beitreten.

Aber Schwellenländer wie China hängen am Kioto-Protokoll, weil es das einzige Abkommen ist, das die Industrieländer bindet. Wäre das Ende von Kioto nicht auch das Ende der Klimaverhandlungen?

In gewisser Weise ja. Aber China etwa hat ein riesiges Interesse an internationalen Standards für seine Produkte. Sie mögen die Standards der UN-Organisation für Arbeit, weil sie damit beweisen können, dass ihre Produkte okay sind. Das Gleiche würde für Klimastandards gelten.

Und der andere große Blockierer, die USA?

Die USA könnten einer Klima-WTO beitreten, um ihren Kontrahenten China und Indien auf Augenhöhe gegenüberzutreten. Die Sicht der Wirtschaft ist für die meisten Amerikaner viel sinnvoller als ein juristisch bindendes Abkommen, das nicht alle Verschmutzer einschließt.

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3 Kommentare

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  • N
    nihi.list

    "Das Kioto-Protokoll ist tot"

     

    Gut so, dieser in Papier gegossene Wahnsinn hat schon genug Milliarden verschlungen, welche für die Lösung der wirklich wichtigen Probleme fehlen.

     

    Ich empfehle dringend das vorbehaltfreie Lesen von "Cool it" von B. Lomborg.

     

    Und bevor unsere Hysteriker bei der Nennung dieses Namens hyperventilierend in Ohnmacht fallen:

     

    Der Autor bestreitet den Klimawandel NICHT und auch nicht die Rolle des Menschen hierbei. Er zeigt nur auf, dass die bisherigen Konzepte und Aktivitäten zwecks CO2-Reduzierung nicht funkionieren bzw. deren Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Stattdessen solle man ernsthaft über mögliche Alternativen nachdenken, die er auch aufzeigt.

     

    Viel Spass bei der Lektüre sowie beim Nachdenken und diskutieren.

  • C
    Copieur

    Wer ist schlimmer? Die Merkel, die die deutsche Wirtschaftsinteressen (Auto, Strom, usw.) in Kopenhagen bzw. vor Brüssel verteidigt, oder Stephen Harper, der eigentlich glaubt, dass globale Wärmung eine linke Konspiration ist? Der zweite hat mit nur 40% der Stimmen die Mehrheit im Parlament am 2. Mai erreicht, noch besser als sein Idol G.W. Bush. Kein Wort über diese Machtergreifung (der Begriff ist meiner Ansicht nach keine Übertreibung) in der taz (oder in der sonstigen deutsche Presse), ausser eine mickrige DPA Depesche.

  • EA
    Enzo Aduro

    Seh ich auch so: Entweder die da draußen sputen sich oder wir bauen neue Braunkohlekraftwerke. Wenn das Klima vor die Hunde geht, wollen wir wenigstens noch reich genug sein Dämme etc. zu bauen.

    Wir müssen ja so oder so noch die Rohstoffkriese behandeln.

    Aber unsere Wirtschaft und unsere Arbeitsplätze weiterhin mit Nicht-Kioto staaten konkurieren zu lassen und weiterhin Geld in alle Welt für "Klimaschutzprojekte" wie Solarkocher wür Länder die die Wälder eh abholzen zu pumpen für lächerliche Zertifikate, während der Chinese jedes Jahr unzählige Kohlekraftwerke baut ist einfach nur noch dumm.