Ex-Stabschef tritt gegen Israels Premier an: Konkurrenz für Netanjahu
Der Ex-Generalstabschef Benny Gantz zieht mit seiner neuen Partei ins Rennen um die Parlamentswahl. Er ist beliebt, doch in der Mitte wird es eng.
Nicht zuletzt um sich die große Beliebtheit des Gegners zu Nutze zu machen, hätte Netanjahu Gantz gern in die Reihen des Likud geholt, was ihm misslang. Dass die neue Liste des früheren Militärs die Wählerstimmen des gegnerischen Lagers teilt, stimmt, vorausgesetzt, es gibt nicht noch im Vorfeld der Wahlen neue Bündnisse.
Die Widerstandsfährigkeit für Israel stellt sich an die Seite zweier schon bestehender Zentrumsparteien: Die Zukunft und Wir alle. Beide unterscheiden sich mit ihren Parteiprogrammen nicht wesentlich von der Zionistischen Union, ehemals Arbeitspartei.
Avi Gabai, Chef der Sozialdemokraten umwirbt den Ex-Militär Gantz genau wie es Jair Lapid von der Zukunftspartei tut. Gabai kämpft derzeit um seinen Parteivorsitz, denn die Zionistische Union fällt, laut Umfragen, von 24 auf zwölf Mandate und vielleicht noch tiefer ab. Der Ruf nach einer Neuwahl der Parteiführung wird lauter. Auch eine Spaltung ist denkbar.
16 Mandate möglich – ohne Parteiprogramm
Das Gedränge in der Mitte von Israels Parteienlandschaft könnte noch dichter werden, und Gantz passt gut hierher. „Verantwortungsbewusst, nicht radikal, weder extrem rechts noch extrem links“, so charakterisiert Michael Biton, Bürgermeister der Kleinstadt Jerucham und potentieller Kandidat für die Widerstandskraft für Israel, den Chef der neuen Liste.
Das Volk wünsche sich „frisches Blut“ und moderate Politiker, die „über einen reichen Erfahrungsschatz verfügen und nicht korrupt sind“. Umfragen versprechen Gantz einen Start von 0 auf bis zu 16 Mandate in der Knesset, was insofern verblüfft, da das Parteiprogramm noch nicht öffentlich ist. Mit 16 Mandaten käme er auf Platz zwei nach dem Likud.
Moderat und mit sauberer Weste wird sich die Opposition im Kampf gegen Netanjahu präsentieren. Damit sind die großen Themen des bevorstehenden Wahlkampfes schon fast erschöpft. Der Regierungschef gehört laut Einschätzung der polizeilichen Untersuchungsbeamten wegen Korruption vor Gericht, und er hat die ideologischen Fronten in seinem Land zugespitzt. Die Araber, Linke, die Medien, Regierungskritiker, sogar die Polizei wird geächtet. Netanjahu hetzt gegen alle Andersdenkenden.
Gideon Levy erinnert an Gaza
Außer der linksliberalen Meretz und der antizionistischen Vereinten Liste liefert keine Partei eine klare Vision für den Frieden oder verspricht, die Zweistaatenlösung mit den Palästinensern voranzutreiben. Gantz konzentriert sich auf die „Stärkung des jüdischen und demokratischen Staates Israel“, will Prioriäten verschieben, in Erziehung, Wohlstand und Infrastruktur investieren.
„Ihr habt etwas Wichtiges über Benny Gantz vergessen“, schreibt Gideon Levy, Kolumnist von Haaretz, und erinnert an den Krieg vor gut vier Jahren im Gazastreifen. Gantz war Generalstabschef, als binnen fünf Wochen über 2000 Palästinenser starben, darunter viele Zivilisten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!