Ex-Staatsrat deckt Elbphilharmonie-Filz auf: Der Geschasste packt aus
Senat schützte den städtischen Verhandler Wegener, obwohl er dessen Methoden misstraute. Das sagt Ex-Kulturstaatsrat Stuth im Untersuchungsausschuss.
Am Ende war der Vorhang zu und alle Fragen offen. Denn ob Kulturbehörden-Jurist Jochen Margedant am 17. 9. 2008 sah, dass ein Hochtief-Vertreter am Verhandlungstisch vertrauliche Elbphilharmonie-Aufsichtsratsunterlagen hochhielt oder ein ähnliches Schreiben: Es konnte im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) am Donnerstag nicht geklärt werden.
Zwar hatten sowohl Margedant als auch Dieter Peters, Geschäftsführer der Elbphilharmonie-Realisierungsgesellschaft (Rege) bestätigt, dass Hamburgs Hochtief-Chef Thomas Möller ein solches Dokument vorgezeigt habe. Und Möller hatte das im Oktober 2011 bereits geleugnet, trotzdem zog Möller am Donnerstag ein täuschend ähnliches Papier hervor, das er damals bei sich gehabt habe. „Ob ich das hochgehalten habe, weiß ich nicht mehr“, sagte er. Auch auf diesem Schreiben steht „vertraulich“. Es ist aber kein Aufsichtsrats-Dokument, sondern ein Verhandlungsprotokoll. Ex-Rege-Chef Hartmut Wegener habe es dem Hochtief-Konzern regulär per Post zugestellt.
Die Kulturbehörde wusste davon nichts. Und genau diese Art Wegenerscher Aktivitäten war das eigentliche Thema des PUA, der Subtext sozusagen. Denn obwohl sich Ex-Kulturbehörden-Staatsrat Reinhard Stuth (CDU), der am 17. 9. 2008 auch dabei war, an kein hochgehaltenes Dokument erinnerte, traute er Wegener eine solche Indiskretion zu. „Mein Vertrauen zu Herrn Wegener war damals auf dem Nullpunkt, weil er ständig Vier-Augen-Gespräche mit Hochtief führte, von deren Inhalt wir nichts erfuhren“, sagte Stuth. Deshalb sei Wegner ja auch am Morgen des 7. 9. 2008 entlassen worden. Doch obwohl Stuth sogar den Vermerk über die hochgehaltenen Dokumente abgezeichnet hatte, erinnerte er sich im PUA nicht.
Der damalige Staatsrat Volkmar Schön (CDU) hingegen habe sehr wohl davon gewusst, sagte Stuth. Überhaupt sei Wegener damals ins Visier geraten, weil er weder eine Kostenrisiko-Analyse noch stimmige Terminpläne geliefert hatte. Deshalb habe man überlegt, ob Wegener juristisch zu belangen sei. „Es war aber der klare politische Wille, den ich zur Kenntnis zu nehmen hatte, dass die Anwürfe gegen Wegener nicht weiter verfolgt wurden“, sagte Stuth am Donnerstag.
Ausgegangen sei diese Weisung von Schön, damals auch Elbphilharmonie-Aufsichtsratsvorsitzender, Ex-Kultursenatorin Karin von Welck und Michael Freytag (CDU). Letzterer war Rege-Aufsichtsratsvorsitzender und Wegeners Dienstherr. Warum das alles so war, erklärte Stuth, der 2009 selbst geschasst wurde, nachdem er die Öffnung der Elbphilharmonie-Akten versprochen hatte, nicht. Und der PUA versäumte nachzufragen, warum der Senat Wegener, dessen Methoden so umstritten waren, deckte.
Davon wiederum wollte Rege-Geschäftsführer Peters nichts wissen. „Herr Wegener hat stets die Interessen der Stadt über alles gestellt“, sagt er im PUA. Trotzdem konnte Peters sich eine Verhandlungssituation vorstellen, in der man der Gegenseite sage, „bis hierhin kann ich und nicht weiter“. Und in der Wegener, um zu zeigen, dass einem die Hände gebunden seien, das Aufsichtsrats-Mandat herzeige.
Das Papier, das Margedant und Peters damals zu sehen glaubten, enthielt nämlich eine maximale städtische Nachverhandlungs-Summe von 90 Millionen Euro. Hochtief wollte weit mehr, ging in der folgenden Zeit aber herunter. Falls Wegener das Papier also preisgab, hätte dies der Stadt tatsächlich nicht geschadet. Aber eine gravierende Indiskretion bliebe es. Warum man diesem Verdacht nicht nachging, werden Ex-Bürgermeister Ole von Beust und Ex-Kultursenatorin Karin von Welck dem PUA bei erneuten Befragungen im Herbst erklären müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!