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Ex-Finanzminister Eichel über Steuer-CDs„Die Schweiz betreibt Hehlerei“

Der deutsche Exfinanzminister Hans Eichel (SPD) begrüßt den Ankauf von Banken-CDs. Dies trage zur „Steuergerechtigkeit“ bei und das gelte gerade in Zeiten der Krise.

Sind da Schweizer Steuerschmuggler auf dem Weg zum Hehler? Bild: Carlotti/photocase.com
Ulrike Herrmann
Interview von Ulrike Herrmann

taz: Herr Eichel, ist es richtig, dass deutsche Behörden immer wieder Steuer-CDs aus der Schweiz erwerben?

Hans Eichel: Ich freue mich über jede Steuer-CD, die angekauft wird. Dies ist ein Beitrag zur Steuergerechtigkeit.

Die Schweiz ist aber empört. Die Deutschen würden Hehlerei betreiben.

Das ist ein starkes Stück. Hehlerei betreibt die Schweiz. Es ist ihr Geschäftsmodell, Ausländer zur Steuerflucht zu animieren. Da darf man nicht Ursache und Wirkung verwechseln.

Aber kann man die Überraschung der Schweizer nicht verstehen? Gerade erst haben sie ein Steuerabkommen mit Deutschland abgeschlossen, damit keine CDs mehr gekauft werden.

Bild: dpa
Im Interview: Hans Eichel

70, diente von 1999 bis 2005 als Finanzminister in Berlin. Der SPD-Politiker war zuvor Ministerpräsident von Hessen.

Bisher gilt dieses Steuerabkommen nicht, denn es ist nicht ratifiziert. Der deutsche Bundesrat hat noch nicht zugestimmt.

Das Abkommen wird von den Grünen und von Ihrer Partei, der SPD, blockiert.

Die Schweizer müssen verstehen, dass es keine Ruhe gibt, bis ihr Land den automatischen Informationsaustausch einführt. Übersetzt: Die Schweizer Banken müssen den deutschen Finanzämtern melden, welches Kapital aus Deutschland bei ihnen liegt und welche Erträge dort anfallen. In der Finanzkrise müssen alle ihren Beitrag leisten. Es darf doch nicht sein, dass jeder Beschäftigte seinen Lohn komplett versteuern muss und sich Kapitalbesitzer entziehen können.

Nun waren Sie ja selbst Finanzminister. Welche Erfahrungen haben Sie mit der Schweiz gemacht, wenn es um das Thema Steuerflucht ging?

Es war unglaublich mühsam. Wir mussten jahrelang kämpfen, um wenigstens die Zinssteuerrichtlinie durchzusetzen. Das klingt jetzt sehr technisch, aber es ging darum, dass die Schweiz zumindest ein bisschen von dem deutschen Geldsegen abgibt, der über sie niedergeht.

Was ist Ihre Prognose? Wie lange wird die Schweiz das Geschäftsmodell Steueroase noch betreiben können?

Nicht mehr lange. Die Finanzkrise hat die Stimmung sehr verändert. Sogar konservative Regierungen merken, dass sie ihre Legitimation verlieren, wenn sie nicht dafür sorgen, dass auch Reiche ihren gerechten Anteil zahlen.

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17 Kommentare

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  • C
    Chris

    Wenn ein Staat von Computer Hackern illegal gestohlene Daten fuer Unsummen abkauft um sog Steuergerechtigkeit ( die SPD glaubt also noch an eine gerechte Welt, wie herzig. . .) walten zu lassen dann ist das ein Eingestaendnis dass mit legalen Mitteln Steuern nicht eingetrieben werden koennen. Sind die Deutschen also doch nicht besser als die Griechen . . . ?

  • MA
    Monsieur Achie

    @Christian Friedrich:ich finde Herrn Eichel genau so falsch wie die Schweizer. Er war selbe Finanzminister und er hat den selben Weg gegangen, den Weg der heutige Finazminister Schäuble gewählt hat. Das kommt daher, weil für diese Politiker Interessen der Lobysten viel wichtiger ist als die Interessen von Deutschland. Abgesehen davon, dass die Steuerbetrüger Asozial sind. Steuerzahlen hat mit Demokratie nicht zu tun. Steuern gibt auch in den nicht demokratischen Ländern auch. Deshal ist ihre Behauptung: "Die SPD ist anscheinend unfähig alle - auch die Reichen - für unsere Demokratie zu begeistern und greift zu Maßnahmen, die für einen demokratischen Staat unwürdig sind." ist ein Unsinn. Ich nehme Stark an, dass Sie auch zu den Asozialen Kriminelle angehören. Ihre Reaktion kann ich mir nicht anderes erklären.

  • S
    Sukram

    Nanu- hier sind ja eine Menge Hehlvetier unterwegs...

     

    Daten sind keine Sachen & kann man also weder stehlen (schon weil sie ja dort noch vorhanden sind) noch hehlen, auch nicht nach eidgenössischem Recht; das wird auch nach der nochsovielten Wiederholung nicht wahrer, "werte" Nachbarn.

     

    Und schließlich hat ja die Schweiz selbst schon einmal Daten zur Verfolgung "einschlägiger" Delikte eigener Bürger verwendet, die den Liechtensteinern "abhanden" gekommen sind... freundlicherweise per "Amtshilfe" zur Verfügung gestellt von- den Deutschen...

     

    btw.: Was machen eigentlich eure "Nachrichtendienste" so den ganzen Tag? ;-)

  • S
    Sukram

    Nanu- hier sind ja eine Menge Hehlvetier unterwegs...

     

    Daten sind keine Sachen & kann man also weder stehlen (schon weil sie ja dort noch vorhanden sind) noch hehlen, auch nicht nach eidgenössischem Recht.

     

    das wird auch nach der nochsovielten Wiederholung nicht wahrer, "werte" Nachbarn.

  • CF
    Christian Friedrich

    Die SPD ist anscheinend unfähig alle - auch die Reichen - für unsere Demokratie zu begeistern und greift zu Maßnahmen, die für einen demokratischen Staat unwürdig sind. Es ist eigentlich Anzeichen einer Diktatur, wenn sich Menschen für über dem Gesetz stehend halten. Das aber macht der Herr Eichel und - als Verantwortliche - Frau Hannelore Kraft. Nach §259 StGB würde man solche Menschen eindeutig als Hehler bezeichnen können.

  • H
    Halunke

    Alle die gegen den Ankauf solcher CD`s sind haben selber Dreck am Stecken und Angst davor daß ihr eigener Name da auftaucht.Und gerade BFM Schäuble sollte nicht so laut tröten,wo er doch selbst in einen Schwarzgeldskandal verwickelt war und elegant seine Vorzimmerdame über die Klinge springen lies...und damit Schneider-frei war...:)

  • AH
    A. Hopfenschauer

    Erstaunlich, wie vernünftig die Sozen immer daherreden, wenn sie gerade nicht an der Macht sind...

  • M
    menschenfreund

    Die Bezeichnung "Steuersünder" ist schon Verdummung. Es sind schlicht Kriminelle, sonst nichts. Selbstverständlich müssen die Betrüger nach Recht und Gesetz verfolgt und angemessen bestraft werden.

    Wer davon Abtriche macht, setzt sich nachdrücklich dem Verdacht aus, selbst zu den Betrügern zu gehören oder ihnen - mit oder ohne Bakschisch - die angemessenen Verfolgung und Ahndung zu ersparen.

    Wen diese kriminellen Schädiger der staatlichen Gemeinschaft nicht angemessen bestraft werden, mit welchem Recht will man dann noch die "berühmten" kleinen Eierdiebe bestrafen, oder gibt es auch hier einen "Elite-Bonus"?

    Was die Schweiz angeht, billigt sie seit Jahrzehnten ausdrücklich und mit vorzüglichem Profit die Beihilfe zu kriminellen Handlungen ihrer Banken und endledigt sich so jeglicher Berechtigung zur Schelte bei Ankauf von "Steuer"-CDs.

  • RT
    reiner tiroch

    dennoch wurden bisher nie politiker auf den CD´s gefunden, obwohl es laut der Schweiz hunderte sein sollen. werden die bei der vorherigen Sichtung ausversehen gelöscht?

  • GG
    Gerry Gwozdz

    Überraschend präzise Feststellungen des ehemaligen Finanzministers. Dank des (noch) unzensierten Internets in den westlichen Nationen, weiß jeder alles immer sofort. Entsprechend schützen Kapital oder Mediengewalt nicht mehr vor Enttarnung.

  • R
    Rozenbaum

    Ist jetzt herr Eichel wieder Finanzminister ? Habe ich da was verpaßt ?

     

    Wer gestohlenes Gut kauft ist der Hehler. Geklaute Daten zu kaufen ist Anstiftung zu einer Straftat. Wenn einer in Deutschland gestohlene Daten verkauft oder kauft kann er vor Gericht kommen. Herr Eichel sollte sich diesbezüglich nachschulen lassen.

     

    Ich will nicht sagen, dass Steuerhinterziehung ok ist, aber Deutschland entsetzt sich über die Schweiz, die Steuerhinterziehung begünstigt, spielt aber die gleiche Rolle, beispielsweise für griechische Fluchtmilliarden. Wenn die griechischen Flucht-Euros im Berliner und Münchner Immobilienmarkt ankommen, hat dort niemand die Idee eine Kontrollmitteilung an das griechische Finanzministerium zu schicken.

     

    Moralisch ok ist eine Handlungweise anscheinend immer dann wenn es den deutschen Politikern nützlich ist.

  • B
    Branko

    Öhm... Herr Eichel,

     

    Steuerflucht ist sicher nicht i.O.

    Aber Deutschlands Finanzhaushalt wäre deutlich mehr geholfen, wenn zuallererst die steuerlichen Ungerechtigkeiten, die unter IHRER REGIERUNG (ROT-GRÜN!) verabschiedet worden sind, rückgängig gemacht würden.

     

    Immer erst mal das Grobe wegräumen, dann über Fine-Tuning debattieren (Erstmal das Wasser aus dem Keller pumpen, bevor man darüber nachdenkt, welche Fussböden trockener halten, gell!?) - sonst bekommt das den Beigeschmack von Ablenkung.

  • CI
    Cayman Islands

    Blah,Blah!

    Was hat seine Partei denn dagegen gemacht, als sie an der Macht waren?

    Eichel soll erstmal seine Bezuege offenlegen..

     

    PS: Die Schweiz hat abgedankt, wer neutral ist, ist dagegen!

  • SK
    Samuel K.

    Als Linker in der Schweiz wird man für eine solche Haltung wie die von Herr Eichel von Linken nicht bewundert, aber anerkannt für die Direktheit. Auch wir wollen keine Oase für Steuerflucht mehr sein, es braucht den automatischen Steueraustausch - obwohl er gegen Schweizer Recht verstossen würde. Denn: dieses Recht wird kaum je geändert werden, besteht es angeblich schon "lange" (afaik seit 1954).

     

    Aber einen Fehler macht Herr Eichel:

    Das "Geschäftsmodell Steueroase" wird die Schweiz nie aufgeben, weil unser Steuersystem förderalistisch aufgebaut ist und der Bund nie etwas regeln wird. Sprich: die Steuern bleiben so tief wie sie sind, nur Transparenz über Finanzen muss herrschen.

  • MM
    Mirko Malessa

    "Die Schweizer Banken müssen den deutschen Finanzämtern melden, welches Kapital aus Deutschland bei ihnen liegt und welche Erträge dort anfallen."

     

    Ja, aber sicher doch!! Das muss ein souveraener Staat auch machen; der BRD melden wievel Geld die oertlichen Banken einlagern!

     

    Als naechstes fordert Eichel wohl auch noch, das die Schweiz der BRD beitritt! Selten so gelacht.

  • J
    JürgenG

    Ich teile die Hoffnung, dass auch die Reichen fair besteuert werden und ggf. beim Steuerbetrug ertappt und bestraft.

     

    Das kann aber nichts daran ändern, dass die deutschen Behörden hier vorsätzlich gestohlenes oder veruntreutes Gut ankaufen, und das ist selbstverständlich Hehlerei. Wenn´s aber der Sache dient, ist es okay? Wer bitte definiert denn da, wann Straftaten ausnahmsweise mal in Ordnung gehen? Rechtsstaatlich ganz, ganz dünnes Eis!

  • Y
    yberg

    der gelernte schulbembers eichel hats geschafft mit spd und grünen dividenden und zinsen größtenteils steuerfrei zu stellen.

     

    und nun will er uns einen von steuergerechtigkeit erzählen

     

    gehts noch

     

    die damalige neoliberale regierung war der naiven meinung,daß damit die steuerflucht eingedämmt würde.

     

    wie immer,wenn die halbdenker unterwegs sind,trat das gegenteil ein.

     

    teure berater und teure anwaltsbüros,die die gesetzesänderungen vorbereitet haben,leisteten ganze arbeit.

     

    der herr warf eben in sachen steuern kein hirn für regierende sozis und grüne vom himmel.