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Ex-AfD-Chefin Frauke Petry vor GerichtPetry muss sich keine Sorgen machen

Im Prozess wegen Meineid fällt das Plädoyer gegen die Ex-AfD-Chefin milde aus. Ihr passives Wahlrecht verliert sie wohl nicht.

Frauke Petry im Februar mit ihrem Anwalt vor Gericht (Archiv) Foto: dpa

Dresden taz | Die frühere AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry wird absehbar ihr passives Wahlrecht als Mandatsträgerin behalten. Der Verlust ihrer Wählbarkeit hätte gedroht, wenn sie im laufenden Prozess wegen Meineidsvorwürfen am Dresdner Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt werden würde. Nach den Plädoyers am Freitag sieht es nicht danach aus.

Die Staatsanwältin konstatierte zwar eine faktische Falschaussage unter Eid vor dem Wahlprüfungsausschuss des Sächsischen Landtages im November 2015. Sie unterstellte aber keinen Vorsatz und verlangte wegen fahrlässigen Falscheids lediglich eine Geldstrafe von 10.500 Euro, die 70 Tagessätzen zu 150 Euro entspricht.

Anlass für die damalige Vernehmung der Politikerin vor dem Wahlprüfungsausschuss war eine Beschwerde des AfD-Kandidaten Arvid Samtleben. Er behauptete, nur deshalb von der AfD-Landesliste zur Wahl 2014 gestrichen worden zu sein, weil er der Partei kein Wahlkampfdarlehen geben wollte. Im Falle eines Einzugs in den Landtag wäre es automatisch in eine Spende umgewandelt worden.

Wäre die AfD-Liste damals für ungültig erklärt worden, hätte die Landtagswahl 2014 wiederholt werden müssen. Frauke Petry hatte vor dem Ausschuss diesen Automatismus bestritten, dass das Darlehen automatisch zur Spende würde, obschon die Verträge dies vorsahen. Unrichtig sollen auch Aussagen über Einzahlungsfristen und ihr eigenes Darlehen gewesen sein.

Einfach keine Ahnung gehabt

Es könne ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, schlecht vorbereitet in die Vernehmung gegangen zu sein, sagte jetzt die Staatsanwältin. 2015 widmete sich Petry ganz der Bundespolitik, mit den Landesaufgaben war Generalsekretär Uwe Wurlitzer befasst. Sowohl die Staatsanwältin als auch Verteidiger Carsten Bunzel bezeichneten den Wahlprüfungsausschuss als weder unabhängig noch neutral. Bunzel sprach sogar von einer „politischen Kampfsituation“ bei der Vernehmung, die einem Eid vor einem unabhängigen Gericht nicht vergleichbar sei. Man habe dort die Angeklagte „ins offene Messer laufen lassen“. Er forderte Freispruch.

Am kommenden Dienstag soll das Urteil der Strafkammer verkündet werden. Frauke Petry steht derzeit in einem weiteren Prozess wegen Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug in Leipzig vor Gericht. Aber auch sie bemüht seit zwei Tagen das Landesverfassungsgericht Sachsen. Für ihre AfD-Abspaltung „Die Blauen“, mit fünf fraktionslosen Abgeordneten im Landtag vertreten, will sie ein halbes Jahr vor der nächsten Landtagswahl noch den Gruppenstatus im Parlament erkämpfen.

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3 Kommentare

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  • Gut zu wissen, dass es nur einen Klaps auf die Finger gibt, wenn man vor dem Wahlprüfungsausschuss lügt. Die geforderte Strafe macht es faktisch zu einer Ordnungswidrigkeit.

    Ich hoffe doch gar sehr, dass der zuständige Richter dies anders sieht. Petry wurde nicht in den Meineid getrieben. Sie hatte sogar mehrfach die Möglichkeit ihre Aussagen zu widerrufen. Ihr ist es übrigens erst eingefallen, dass sie sich geirrt haben könnte, als Anklage gegen sie erhoben wurde.

    • @Katrin Uhlmann:

      Es ist mE eine große Errungenschaft, dass zB tatbestandliche Voraussetzung und Beweis(-pflicht) bei uns gegenüber allen Menschen gelten.

  • „Schlecht vorbereitet“ ... das ist laut Staatsanwältin eine Entschuldigung für Falschaussagen? - „Ich weiß es nicht“ als Alternative kommt nicht vor?

    Man kann gespannt darauf sein, ob sich eine solche Rechtsauffassung bei Aussagen unter Eid durchsetzt.

    In welcher Partei ist die Staats... ach nee, das fragt man nicht.