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■ Evangelische Kirche in Ostdeutschland und Stasi-BilanzAuf dem Weg der Gerechtigkeit

Der Bericht gibt sich eindeutig. Viel weniger kirchliche Mitarbeiter, als die Gauck-Behörde behauptet, heißt es in der Bilanz der EKD, haben sich unter den Bedingungen des real existierenden Sozialismus als IMs verdingt. Das mag stimmen – doch das ist nur die halbe Wahrheit. Schon allein aus methodischen Gründen kann das Resümee kaum zutreffend ausfallen. Denn einige Landeskirchen auf dem Gebiet der früheren DDR haben es während der vergangenen sieben Jahre gar nicht genau wissen wollen, ob ihre Kirchenapparate vollständig oder nur stellenweise durchsetzt waren von Stasi-Informanten.

Das muß moralisch nicht gegen die Kirchen sprechen. Warum sollte sie nicht den gleichen Weg des Verzeihens und der Güte gehen wie nach dem Ende des Nationalsozialismus, als die evangelischen Kirchenapparate beinahe noch jeden Gottesmann im Dienst belassen haben, auch wenn er inbrünstig dem Führer, seinem eigentlichen Gott, huldigte?

Die ewige Nabelschau in Sachen Stasi, die womöglich jetzt ein verdientes Ende findet, hat sowieso verhindert, was eigentlich an den Christen in der DDR zu tun wäre: selbstbewußt zu erklären, daß es bisweilen nicht anders ging, als mit den realsozialistischen Staatsapparaten zu kooperieren; redlich deutlich zu machen, daß die ethischen Kriterien, die ihre westlichen Brüder und Schwestern ihnen nach der Wende angelegt haben, in der Tat nicht ihre sein können.

Die evangelische Kirche in der DDR hat mehr Menschen Schutz und Schutzräume geboten als alle Parteien in der früheren BRD zusammen. Sie war für viele Menschen die einzige Institution, an die sie sich wenden konnten, wenn sie sich der Logik der DDR- Staatsapparate nicht unterordnen wollten.

Und sie hat sich dabei – natürlich – die Finger schmutzig gemacht: Das ist die eigentlich politische Leistung der DDR-Kirchen vor 1989. Sie wollte nicht alles, sie wollte vielmehr immer ein bißchen. Nur so kann sie heute überhaupt eine Erfolgsgeschichte schreiben. Daß sie dies nicht tut, liegt am unnötig schlechten Gewissen, doch irgendwie auch mitgemacht zu haben. Die Aufklärung der restlichen IM- Tragödien, die Spuren des Verrats zu lesen, ist an den Bespitzelten. Auf die Kirche warten nun andere Aufgaben. Auf dem kommende Woche stattfindenden Kirchentag in Leipzig wird darüber zu sprechen sein. Das Thema wird im Osten gewiß Anklang finden: „Auf dem Weg der Gerechtigkeit“. Jan Feddersen

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