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Europäisches RüstungsprogrammNachhaltigkeit für Brüssel kein Thema mehr

Im Interesse schneller Aufrüstung will die Kommission Umweltregeln für die Branche aufweichen. Wichtiger ist ihr die Unabhängigkeit.

Nachhaltige Investitionen? Waffen europäischer Hersteller auf der Paris Air Show 2025 Foto: Blondet Eliot/abaca press/imago

Brüssel taz | Die EU will mehr Geld für Verteidigung bereitstellen und Rüstungsprojekte zugleich als nachhaltig einstufen. Dies geht aus neuen Vorlagen des Ministerrats und der EU-Kommission hervor. Die Ankündigung kommt kurz vor dem Nato-Gipfel, bei dem beschlossen werden soll, die Rüstungsausgaben auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung zu erhöhen.

Wie die Rüstungsprogramme von EU und Nato koordiniert werden, ist unklar. Bisher galt, dass Doppelstrukturen vermieden werden sollten. Wegen der Aufrüstung in Russland und der unberechenbaren Politik von US-Präsident Donald Trump will die EU aber unabhängiger werden und eigene Verteidigungskapazitäten aufbauen.

Dafür wurden in Brüssel wichtige Weichen gestellt. Nach langem Streit soll das Europäische Programm für die Verteidigungsindustrie nun starten. Es soll zunächst 1,5 Milliarden Euro aus dem EU-Budget bekommen. Später könnten noch ungenutzte Gelder hinzukommen, etwa aus dem Corona-Aufbaufonds.

Wichtigste Hürde war die Frage, welche Anschaffungen gefördert werden sollten. Frankreich wollte vor allem europäische Rüstung subventionieren. Länder wie die Niederlande plädierten für mehr Flexibilität beim Kauf von Waffen aus den USA, Großbritannien und anderen Ländern. Wegen der angestrebten Unabhängigkeit darf das Geld – so der Kompromiss – nur für Rüstungsgüter ausgegeben werden, die zu mindestens 65 Prozent aus in der EU oder assoziierten Ländern produzierten Komponenten bestehen. Zehn EU-Länder merkten an, bei „kritischen Komponenten“ sei man aber weiter auf die USA angewiesen.

Sozialverträgliche Waffen

Umstritten war auch lange, ob Investitionen in Rüstungsgüter als nachhaltig – also umwelt- und sozialverträglich – eingestuft werden sollten. Hier laufen die Empfehlungen der EU-Kommission nun auf ein Ja hinaus. Verteidigungskommissar Andrius Kubilius legte ein Vereinfachungspaket vor, das Waffen das begehrte ESG-Prädikat verleihen soll.

Kubilius hätte zudem gern, dass die Branche von beschleunigten Genehmigungsverfahren profitiert und zudem freie Hand bei der Nutzung von Chemikalien für die Waffenproduktion erhält. Damit würden die europäische Umwelt- und Chemikalien-Gesetzgebung umgangen und Wettbewerbsregeln aufgeweicht.

Das Europaparlament zeigte sich zufrieden. Sogar die Grünen wollen zustimmen. Widerspruch kommt von der Linken: „Mit dem Rüstungsturbo pfeift die Kommission auf Nachhaltigkeit“, kritisierte Özlem Alev Demirel, die friedenspolitische Sprecherin der Linksfraktion. Die Vorstellung einer „nachhaltigen Rüstung“ sei widersinnig.

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1 Kommentar

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  • Sicherheit vor Ideologie.



    Gut so.



    Lieber soll das Klima kommen als der Russe 😤