piwik no script img

Europäische Union rüstet Frontex aufFür künftige Situationen wappnen

Die EU will Frontex zur „voll ausgerüsteten“ Grenz- und Küstenwache ausbauen. Mit Hochdruck arbeitet sie daran, Abschiebungen zu beschleunigen.

Frontex wird aufgerüstet – trotz rückläufiger Flüchtlingszahlen Foto: dpa

Brüssel taz | Eine Woche vor dem EU-Migrationsgipfel in Salzburg hat die Europäische Kommission ihren harten Schwenk in der Flüchtlingspolitik bekräftigt. Statt um faire Lastenteilung soll es künftig vor allem um Grenzschutz und Abschiebung gehen. Die Grenzschutzagentur Frontex wird aufgerüstet, die „Rückführung“ von Migranten vereinfacht und beschleunigt.

Die Grundlinien dieser restriktiven Politik hatte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Mittwoch in seiner Rede zur „Lage der Union“ umrissen. Nun lieferte Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos die Details. Im Zentrum steht der Ausbau von Frontex zu einer „voll ausgerüsteten“ europäischen Grenz- und Küstenwache.

Ab 2020 soll sie über eine ständige Reserve von 10.000 Einsatzkräften sowie über eigene Schiffe und Flugzeuge verfügen. Die Grenzschützer sollen Flüchtlinge an der Grenze abfangen und ihnen auch die Einreise verweigern dürfen. Bei Bedarf sollen sie Waffen tragen.

Auf die Frage, wozu die Aufrüstung angesichts rückläufiger Flüchtlingszahlen gut sei, antwortete Avramopoulos ausweichend. „Wir wappnen uns für künftige Situationen“, sagte er. Offenbar fürchtet man in Brüssel, dass sich eine Krise wie im Herbst 2015 wiederholt. „Wenn unsere Vorgänger das gemacht hätten, stünden wir heute besser da“, so der Kommissar vieldeutig.

EU arbeitet auch an Abschiebungen

Zudem folgen Juncker und Avramopoulos dem Ruf der EU-Staaten nach stärkeren Schutz der Außengrenzen. Dieses Thema dürfte auch beim EU-Sondergipfel kommende Woche im Mittelpunkt stehen.

Immerhin schlagen Juncker und Avramopoulos nun vor, die legale Einwanderung zu erleichtern. Beim österreichischen EU-Vorsitz stoßen sie damit aber auf taube Ohren. So warnte Österreichs Innenminister Herbert Kickl von der rechten FPÖ davor, die letzten Schritte vor den ersten zu machen. Die Bekämpfung der illegalen Migration habe Priorität, sagte er in Wien.

Mit Hochdruck arbeitet die EU auch an Abschiebungen. Avramopoulos kündigte dazu eine Überarbeitung der EU-Regeln an. Es gehe darum, Rückführungen zu beschleunigen, „irreguläre Sekundärmigration“ zu stoppen und ein „Untertauchen rückzuführender Personen“ wirksamer zu verhindern. Brüssel folgt damit den Vorgaben vom EU-Vorsitz in Wien, aber auch neuen Wünschen aus Berlin.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Leider musste ich in verschiedenen Artikeln über die Ausweitung von Frontex lesen, dass die EU-Kommission die Mitgliedsländer zwingen will, bewaffnete „Grenzschützer“ zu akzeptieren. Was soll das sein - eine späte Hommage an Petry – ehemalige AfD-Vorsitzende? Diese hatte ja vor einiger Zeit schon gefordert, man solle auf Geflüchtete an der Grenze schießen!



    Hat die EU eigentlich keine anderen Themen außer der Migrationsfrage? Wie wäre es, wenn sie sich in gleichem Maße mal dem offenkundigen Rechtsruck in vielen europäischen Regierungen annehmen würde? Diese Regierungen, die ja bekanntlich zum größten Teil europafeindlich eingestellt sind, stellen eine ernste Bedrohung des inneren Zusammenhalts, sowie des europäischen Wertekanons dar. Aber die Erklärungen zum Thema Menschenrechte etc. existieren wohl eh nur auf dem Papier.



    Statt sich um echte Probleme wie soziale Ungerechtigkeiten, Wohnungs-, Renten-, oder Pflegenotstand anzunehmen, werden rechte Allüren bedient. Auch dass eine Partei deren Regierungschef Orban sich offen faschistisch, rassistisch und antisemitisch gibt, sich als „europäische Volkspartei“ bezeichnen darf ist mir schleierhaft. Da kann sich die sog. Union auch gleich auflösen, wenn sie nicht im mindesten in der Lage ist, ihre Werte – auf die sie ja angeblich so stolz ist - auch nur annähernd zu vertreten.

  • Bei der derzeitigen Lage und den Mehrheitsverhältnissen im Rat bedeutet Europäisierung immer auch die Verschlechterung der Lage von Migranten gegenüber der bisherigen nationalstaatlichen relativen Offenheit. Das sollte also niemanden überraschen. Der Preis für eine Demontage der Binnengrenzen ist natürlich die Stärkung dr Außengrenzen.

    Es wäre besser gewesen, die Europäisierung langsamer von statten gehen zu lassen. Das Umkippen in UK ist dafür die Quittung. Da wo neoliberale Regierungen noch offener waren als Brüssel ist das Umkippen besonders gefährlich geworden, in den Niederlanden, in UK, in Skandinavien. In Osteuropa werden schon lange ganz andere Akzente gesetzt und es übernimmt zunehmend eine Führungsrolle.

    Warm anziehen...