Europäische Flüchtlingspolitik: 214 kommen durch
Da helfen auch Stacheldraht und Kameras nicht: Mehr als 200 Afrikaner sind in die spanische Nordafrika-Exklave Melilla gelangt.
MELILLA/RABAT dpa | Mehr als 200 Afrikaner sind beim größten Ansturm von Flüchtlingen auf die spanische Nordafrika-Exklave Melilla seit fast zehn Jahren auf EU-Gebiet gelangt. Sie hätten am Freitagmorgen von Marokko aus die Grenzbefestigungen überwunden, teilten die Behörden in Melilla mit. Dabei hätten die Afrikaner Polizisten mit Flaschen, Stöcken und Steinen beworfen. Ein Beamter sei durch einen Knüppelschlag auf den Kopf verletzt worden.
Nach Schätzungen der Polizei versuchten rund 400 Flüchtlinge kurz nach sechs Uhr morgens an zwei Grenzpunkten über den zum Teil sechs Meter hohen Zaun zu klettern. Mindestens 214 Menschen sei dies nach einer ersten Zählung gelungen.
Die Flüchtlinge seien jubelnd in das Aufnahmelager Melillas gelaufen und hätten immer wieder „Oe, oe, oe“ und „Viva España“ gesungen, berichtete die Onlinezeitung Elmundo.es. Laut Medien stammen die Flüchtlinge nach eigenen Angaben vorwiegend aus Kamerun und Guinea.
Bereits im Sommer und Herbst 2005 waren Hunderte Flüchtlinge nach Ceuta und Melilla gelangt. Danach wurden die Kontrollen zu Land und zu Wasser drastisch verschärft. Unter anderem wurden Grenzbefestigungen mit sechs Meter hohen Zäunen mit Stacheldraht und Kameras errichtet. In Marokko leben Tausende notleidende Menschen aus Ländern südlich der Sahara in Camps und hoffen, nach Europa zu gelangen. Nach einem jüngsten Bericht von El País sind es rund 30.000.
Es handelt sich bereits um den dritten Andrang auf Melilla innerhalb von elf Tagen sowie um den fünften seit dem Jahreswechsel. Erst am Montag hatten rund hundert Flüchtlinge das Hoheitsgebiet der EU erreicht, vergangene Woche hatten 150 Menschen die Grenzabsperrungen überwunden. Bei der weiter westlich gelegenen Exklave Ceuta waren am 6. Februar mindestens 15 Afrikaner im Meer ertrunken, als sie auf spanisches Gebiet gelangen wollten.
In dem für 480 Menschen konzipierten Aufnahmelager würden jetzt mehr als 1.300 Flüchtlinge betreut, klagte Lagerchef Carlos Montero. Man werde das Militär und das Rote Kreuz um Hilfe bitten. Benötigt würden vor allem Lebensmittel und Zelte, sagte er der Onlineausgabe der Zeitung El País.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?