piwik no script img

Euro fällt zurückIm Visier der Spekulanten

Der Euro fällt gegenüber dem US-Dollar zurück. Ein Grund sind Leerverkäufe, die Misstrauen in die Budgetfestigkeit der Eurozone schüren. Experten warnen vor Aktionismus.

Eine griechische Euro-Münze. Bild: reuters

Um die Stabilität des Euro ist es derzeit nicht zum Besten bestellt. Seit Anfang des Jahres hat die Gemeinschaftswährung gegenüber dem US-Dollar 10 Cent verloren. An ihrem vorläufigen Tiefpunkt am Freitagmorgen kostete sie nur noch 1,347 US-Dollar, so wenig wie seit Mai 2009 nicht mehr. Marktbeobachter begründen das nicht nur mit der Sorge um das griechische Defizit, sondern mit der Entwicklung der fiskalischen Lage im Euroraum generell. Dabei ist die im globalen Vergleich besser als ihr Ruf.

Tatsächlich haben sich die Staatsfinanzen in den USA, Japan und vor allem Großbritannien schlechter entwickelt. Nach Daten der Industrieländerorganisation OECD stieg das Defizit in den Haushaltsbilanzen der Eurozone von 2007, also dem Beginn der Finanzkrise, bis heute im Schnitt um 6,7 Prozentpunkte. In den USA wuchs das Minus aber um 7,9, in Großbritannien um 10,6 und in Island sogar um 21,1 Prozentpunkte. Noch größer ist der Unterschied beim Anstieg des Schuldenstandes gemessen an der jeweiligen Wirtschaftsleistung. Nach Berechnungen der Financial Times Deutschland kommen die Euroländer mit einem Zuwachs von 17,3 Prozentpunkten wesentlich besser weg als die USA und Japan mit rund 30 und Großbritannien mit 36 Prozentpunkten.

Trotzdem wird am Euro gezweifelt. Möglicherweise nur eine Frage der wechselhaften Marktstimmung, meinen die Experten der britischen Großbank HSBC und verweisen darauf, dass es noch vor wenigen Monaten der Dollar war, der unter Druck stand. Nun heiße es: "Die europäische Währungsunion wird auseinanderbrechen."

Heikel wird es, wenn solche Stimmungsschwankungen durch Spekulationen verstärkt werden. Bereits seit einiger Zeit nehmen Leerverkäufe wieder zu, also Wetten auf fallende Kurse. Dabei verkauft man Aktien, Anleihen oder eben Devisen, die man noch gar nicht besitzt, und liefert diese zu einem vorherbestimmten späteren Zeitpunkt nach - in der Hoffnung, dass sie dann billiger zu bekommen sind und man die Differenz als Gewinn einstreichen kann.

Problematisch ist vor allem die Unsicherheit, die solche Spekulationsgeschäfte hervorrufen. Dass die Gemeinschaftswährung billiger wird, hat dagegen auch positive Effekte. Denn grundsätzlich ist sie gegenüber dem US-Dollar immer noch zu teuer. "Der Euro ist nun zum Dollar noch um 13 Prozent überbewertet", schreiben die HSBC-Analysten. Nach dem sogenannten BigMac-Index, wonach der McDonalds Burger in jedem Land in Dollar umgerechnet dasselbe kosten müsste, liegt der Euro sogar um 35 Prozent zu hoch.

Für die exportorientierte Wirtschaft in der Eurozone ist der Kursverfall eine willkommene Anschubhilfe: Ihre Waren verbilligen sich im Ausland. Dass Importe zugleich teurer werden, ist bei der derzeitigen Inflationsrate von rund 1 Prozent kein Problem - das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank liegt bei 2 Prozent.

Zudem sehen viele Marktbeobachter den Kursverfall nur als Zwischenspiel. Im Schnitt sagen Ökonomen dem Euro voraus, dass er in sechs Monaten bei 1,43 US-Dollar stehen wird - wobei die Einzelschätzungen allerdings von "um die 1,25 Dollar" bis "über 1,50 Dollar" reichen. Die keineswegs des Keynesianismus verdächtigen Währungsexperten der US-Bank Goldman Sachs warnen indes vor einer anderen Gefahr: dass sich die Regierungen der stärkeren Euroländer durch die Finanzmärkte unter Druck setzen lassen. Das Schlimmste, was passieren könnte, schreiben sie in einer Studie, sei "ein überhasteter Defizitabbau", der die zaghaft anziehende Konjunktur abwürgt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • L
    Langnase

    Vieleicht ist die Eurozone eine Asiatische ?

  • FK
    Franz K.

    Als der Euro das erste Mal über 1,30 USD ging, war doch von einer "unhaltbaren Überbewertung" die Rede, die die europäische Wirtschaft nicht überleben würde.

     

    Jetzt fällt er endlich wieder unter 1,40 USD und schon ist es ein Crash.

     

    Entweder die Medien haben überhaupt kein Langzeitgedächtnis mehr, oder jede Veränderung wird grundsätzlich zur Katastrophe aufgebauscht.

  • V
    vic

    Wann wird den Zockern auf fallende Kurse das schmutzige Handwerk gelegt? Wer verhindert endlich die unsäglichen Leerverkäufe?

    Diese Kombination führt geradewegs in die nächste "Finanzkrise", bei der wieder alle Verlierer sind, bis auf jene die sie auslösen. Diese Leute sind Verbrecher, sie schädigen ganze Wirtschaftsgefüge.

    Nicht Hartz-IV Bezieher,

    diese Leute sind asozial. Die sind Unterschicht.