piwik no script img

Euro-Skepsis in TschechienDie Angst vor Marginalisierung

Präsident Klaus sieht den Euro zum Untergang verurteilt, aber in Europa will keiner auf ihn hören. Die Tschechen sind ausnahmsweise mal seiner Meinung.

Reißt gern Witze über die Aufteilung der tschechoslowakischen Krone: der tschechische Präsident Václav Klaus. Bild: dpa

PRAG taz | Tschechien erfüllt die Konvergenzkriterien nicht, um den Euro einzuführen, das wird im Land aber nicht weiter thematisiert. Über die Zukunft des Euro herrscht ohnehin eine Meinung: Er ist zum Untergang verurteilt. Auch wenn die Popularität von Václav Klaus schwindet, in dieser Sache halten die Tschechen zu ihrem Präsidenten.

Historische Vorbehalte leben da wieder auf. Frankreich (hat die Tschechoslowakei 1938 in München verraten) verbändelt sich mit Deutschland (hat die Tschechoslowakei damals überfallen), um nun mit friedlichen Mitteln zu erreichen, was durch den Zweiten Weltkrieg nicht zu erreichen war: die Marginalisierung kleiner Nachbarn.

Klaus selbst reißt Witze darüber, dass er schon einmal eine Währung aufteilte - die tschechoslowakische Krone. Er könne auch jetzt helfen, sagt er gern. Doch das europäische Führungsduo Merkel und Sarkozy fragt ihn immer noch nicht.Dabei übersieht Klaus viele harte Fakten. Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker etwa ist sicher unverdächtig, Großmachtansprüche zu haben.

Aber auf seine Kommentare und Erklärungen wird nicht verwiesen. Die Wechselkurse des Euro sind in den vergangenen Jahren auch mehr oder weniger stabil. Wenn also Klaus immer über die unsichtbare Hand des Marktes redet - zumindest den Euro hat diese noch nicht aufgegeben.

"Wir und die Briten"

Selten kommt zur Sprache, dass Tschechien nahezu 80 Prozent der Güter in die Euroländer exportiert. Dass ein möglicher Zerfall des Euro katastrophale Effekte auf die tschechische Wirtschaft hat - solche Befürchtungen werden zerstreut. Und nur Experten debattieren über die Kosten, die in einem solchen Fall entstehen würden.

Es wird oft solidarisch mit dem britischen Premierminister argumentiert, meist jedoch in Formulierungen wie "wir und die Briten". Dass von London aus gesehen Tschechien so gut wie unsichtbar ist und dieser Vergleich allein wegen gewaltiger Unterschiede in der Größe und Wirtschaftsleistung hinkt, fällt unter den Tisch.

Kaum jemand macht sich bewusst, wie viel wichtiger die EU-Strukturmaßnahmen für Tschechien sind als etwa für Großbritannien. Und über die Rede des polnischen Außenministers, der jüngst die Notwendigkeit der verstärkten Integration der Europäischen Union betonte, darüber schmunzeln manche Tschechen nur.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!