Euro-Rettungsschirm: Parlament soll so halb mitreden
Der Wunsch der Unionsfraktion im Bundestag: Das Parlament soll Hilfsprogramme grundsätzlich absegnen. Es soll aber Grenzen geben - wegen der Umsetzbarkeit.
BERLIN taz | Der Vorstand der Unionsfraktion hat beschlossen, dass er den Bundestag am europäischen Rettungsschirm EFSF stärker beteiligen will. Idee ist eine abgestufte Kontrolle und Mitwirkung - sie ist mit FDP-Experten innerhalb der Koalition bereits abgestimmt. Man wolle "so viel Beteiligung des Bundestages wie überhaupt nur möglich", brauche aber die Abstufung, um handlungsfähig zu bleiben, sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder nach der Vorstandssitzung am Donnerstag.
Der wichtigste Punkt des Beschlusses ist: Wenn ein europäisches Land ein Hilfsprogramm des Rettungsschirms beantragt, soll der deutsche Vertreter in den Rettungsschirm-Gremien erst zustimmen dürfen, wenn der Bundestag dies vorher abgesegnet hat. Stimme das Parlament nicht zu, "hat der deutsche Vertreter mit Nein zu stimmen", heißt es in dem Papier. Bei anderen, weniger wichtigen Fragen, reicht der Unionsfraktion die Befassung des Haushaltsausschusses.
Die Mitbestimmung des Bundestags beim Rettungsschirm ist heikel. Ein Beispiel: Er soll in Zukunft Staatsanleihen von überschuldeten Staaten auf den Märkten aufkaufen dürfen, damit die Zinsbelastung für diese Staaten sinkt. Würde das Parlament aber eine solche Rettungsaktion zuvor öffentlich diskutieren, könnten die Finanzmärkte sofort reagieren. Die Anleihepreise würden hochschießen, die Kosten für die europäischen Steuerzahler ebenso.
Dies will die Unionsfraktion vermeiden: Der Bundestag soll zwar grundsätzlich neue Hilfsprogramme absegnen. Hat er dies getan, darf der Rettungsschirm aber Maßnahmen autonom aktivieren.
Bei weniger entscheidenden Fragen will die Unionsfraktion den Haushaltsausschuss einbinden. Er soll beispielsweise die operativen Leitlinien des EFSF bei der Anwendung seiner Instrumente bestätigen dürfen. Ebenso soll er mitreden, wenn der Rettungsschirm Bedingungen für bereits genehmigte Programme ändern will. Außerdem soll der Haushaltsausschuss immer zeitnah über die Verwendung der Mittel informiert werden, etwa wenn einzelne Tranchen eines Kreditpakets ausgezahlt werden. Die Vorschläge hatten die Haushaltspolitiker Norbert Barthle (CDU) und Otto Fricke (FDP) ausgearbeitet.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart