EuGH stärkt Schutz für Flüchtlinge: Keine Abschiebung in die Willkür
Der EuGH hat macht es Flüchtlingen leichter, Schutz in Europa zu finden. Nicht um die Konfliktintensität gehe es, sondern darum, ob Rückkehrer gefährdet seien.
LUXEMBURG afp | Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Regeln für die Aufnahme von Menschen konkretisiert, die ihre Heimat wegen gewaltsamer Konflikte verlassen haben.
Solche „innerstaatlichen bewaffneten Konflikte“ lägen bereits dann vor, wenn reguläre Streitkräfte eines Staates „auf eine bewaffnete Gruppe treffen“ oder sich solche Gruppen bekämpfen, entschied der EuGH in einem am Donnerstag in Luxemburg veröffentlichten Urteil. Demnach ist allein die individuelle Bedrohung und nicht die Intensität der Konflikte entscheidender Maßstab für die Gewährung des Schutzes für Flüchtlinge. (Az. C-285/12)
Das Gericht stärkte damit den Schutz von Menschen, die zwar nicht als Flüchtlinge anerkannt werden können, die laut Urteil aber „stichhaltige Gründe“ dafür vorbringen, dass ihr Leben in ihrem Herkunftsstaat wegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts bedroht ist.
Dieser sogenannte subsidiäre Schutz muss dem Gerichtshof zufolge dann gewährt werden, wenn die „willkürliche Gewalt“ so groß ist, dass dem Flüchtling „allein durch seine Anwesenheit im betreffenden Gebiet“ eine ernsthafte Gefahr droht.
Der EuGH führte dazu nun aus, dass das Völkerrecht solch einen Begriff nicht kennt und dort auch keine Regelung des subsidiären Schutzes vorgesehen ist. Das Gericht habe deshalb die Voraussetzungen für solch einen Schutz selbst bestimmen können.
Die Entscheidung erging im Fall eines Mannes aus dem westafrikanischen Guinea, der 2008 in Belgien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte. Dies war ihm mit der Begründung verweigert worden, weil die Behörde in Guinea keinen „innerstaatlicher bewaffneter Konflikt“ im Sinne des humanitären Völkerrechts sah. Diese Beurteilung ist nach dem neuen Urteil nicht mehr relevant. Stattdessen muss beurteilt werden, ob der Mann bei einer Rückkehr gefährdet wäre.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!