: Etwas scheinheilig
betr.: „Krieg mit anderen Mitteln“, taz vom 15. 1. 07
Ihre Kritik an Hugo Chávez hat etwas Scheinheiliges und Populistisches an sich. Die von Ihnen beschriebenen „Cliquen- und Klientelbeziehungen“ haben sogar in der deutschen Politik Hochkonjunktur. Auch Ihre Kritik an der „populistischen“ Linken basiert eher auf einer selektiven Wahrnehmung der Geschichte. Bevor es zum bewaffneten Widerstand in den mittel- und südamerikanischen Staaten kam, gab es durchaus Versuche der Linken und gemäßigten Linken, an Wahlen teilzunehmen und auf friedlichem Weg soziale Reformen durchzusetzen. Setzten sich diese Gruppierungen durch, hielten sie sich bekanntlich nicht lange, weil sie militärisch abgesetzt wurden. Gleichzeitig wurden Arbeiter- und Bauernbewegungem im wahrsten Sinne des Wortes eliminiert. Dies passierte in allen mir bekannten Fällen mit der Hilfe des demokratischen Westens.
Sie schreiben über diese Region, als ob die Basisdemokratie das Standardmodell dort war und ist – die es natürlich in vielen westlichen Ländern ebenfalls nicht gibt. War Venezuela vor Chávez demokratischer als jetzt? Oder war es doch eher eine weiße Oligarchiedemokratie, die an Platon’sche Demokratievorstellungen erinnerte?
GEORGIOS MARGARITIS, Wuppertal