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Archiv-Artikel

jugend liest Essen und Liebe

Von Christoph hat vermutlich jeder, der mit Kindern zu tun hat, schon mal gehört. Christoph aus der „Sendung mit der Maus“ hat nämlich ein gar nicht zu überschätzendes Talent: Er kann komplizierte Dinge so erklären, dass sie plötzlich ganz einfach erscheinen. Was aber passiert, wenn das Thema an sich schon kinderleicht zu sein scheint? Nun, dann macht er es eben umgekehrt, und alles wird plötzlich furchtbar kompliziert. Diesen Eindruck jedenfalls gewinnt man, wenn man Christophs Kochbuch liest. Dabei ist die Idee ganz wunderbar: „Was Jungs gern essen und gern kochen“ – eine geradezu geniale Idee.

Doch anders als bei „Christophs Experimenten“ traut er der Einfachheit hier nicht über den Weg. Also hat Christoph mit seiner Buchpartnerin Hilke Rosenboom recherchiert, was das Zeug hält. Und so geht es in diesem Kochbuch für Jungs nun ganz ernährungswissenschaftlich zu. Das beginnt beispielsweise mit einem „intelligenten Frühstück“ aus Apfel, Orange, Vollmilchjoghurt und „2 bis 4 zuckerfreien Kaugummis“, informiert über Abnehmstrategien für dicke Kinder und erlaubt dann gönnerhaft auch mal einen Hamburger.

Natürlich geht das alles in Ordnung, keine Frage. Nur frage ich mich dann doch, ob es ein Fortschritt ist, wenn Jungs jetzt genauso viel übers Essen nachdenken wie Mädchen. Überhaupt nervt mich dieses ewige Misstrauen gegen alles, was schmeckt, egal ob das nun eine Pizza oder ein frischer Salat (Vorsicht, Herbizide!) ist. Dieses Kohlehydratezählen und Spurenelementesuchen und Kontrollieren. Müssen wir wirklich so viel wissen über etwas, was umso weniger Probleme macht, je selbstverständlicher man es handhabt? Nun, wahrscheinlich ja. Denn was ist in puncto Essen noch selbstverständlich, wenn man selbst einen Eierpfannkuchen in seine chemischen Bestandteile zerlegt findet. Vermutlich muss man den Autoren also zugestehen, dass dieses Kochbuch für Jungs zeitgemäß ist. Zudem trösten erfindungsreiche Namen wie „Horrormüsli“, „Traumlandtoast“ oder „Krisenhuhn“ über manches hinweg. Trotzdem hätte ich lieber mal ein ganz einfaches Hamburgerrezept ohne das ganze ernährungswissenschaftliche Tralala.

Genau andersherum funktioniert das kleine, quadratische Büchlein von Tom Grote und Julia Kaergel. „Die Liebe“ heißt es –was für ein kompliziertes Thema! Und dann ist alles ganz einfach. Das Bilderbuch erzählt von Anna, einer blonden jungen Frau, die mit einer Gießkanne in der Hand auf ein herzförmiges Labyrinth zuschreitet, um die darin wachsende rote Rose zu gießen. „Anna ist 22 Lieben alt“, so fängt das an. Dann gibt es 22 Bilder, die von den sehr unterschiedlichen Lieben erzählen. Von der Liebe zur Katze oder zu Pinocchio, der „Titanic“-Liebe (die war aber „langweilig auf Dauer“) und der Liebe zu diversen Diäten („die zehnte Liebe war auch keine, über die man gerne erzählt“) und zu diversen Flaschen („Die siebzehnte Liebe verstand einfach alles). Bis dann irgendwann die „große Liebe“ dran ist.

Eine bestechend einfache Idee liegt auch dem Bilderbuch von Theo zugrunde, in dem es ein bisschen wie in „Kevin allein zu Haus“ zugeht. Beim Start in den Urlaub haben die hektischen Eltern nämlich den verträumten Oskar verloren. Der findet sich nun mitten in der Wüste wieder, wo er sich ausgerechnet mit einer Wolke anfreundet. Das ist so einfach wie schön. Die Wolke regnet, damit Oskar trinken kann. Und Oskar weint, damit die Wolke neues Wasser kriegt und sich nicht auflöst – eine perfekte Win-win-Situation.

ANGELIKA OHLAND

Christoph Biemann, Hilke Rosenboom: „Mit 100 Sachen durch die Küche. Was Jungs gern essen und gern kochen“. Carl Hanser Verlag, München 2005, 16,90 Euro Tom Grote, Julia Kaergel: „Die Liebe“. Peter Hammer, Wuppertal 2005, 9,90 Euro Theo, Michael Dudok de Wit: „Oskar und Huu. Freunde für immer“. Sauerländer Verlag, 13,90 Euro