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Eskalation in südafrikanischer MinePolizei erschießt 30 Streikende

Der Streik in einer südafrikanischen Platinmine ist außer Kontrolle geraten. Polizisten sollen bis zu 30 Menschen erschossen haben. Präsident Jacob Zuma spricht von sinnloser Gewalt.

„Wir wollen 12.500 Rand“, lautet die Forderung der 3.000 Streikenden. Bild: reuters

JOHANNESBURG dapd/dpa | Südafrikanische Polizisten haben bei einer Konfrontation am Donnerstag mehrere streikende Arbeiter einer Platinmine erschossen - einer der schwersten Zwischenfälle seit dem Ende des Apartheid-Regimes 1994. In Medienberichten wurden Augenzeugen zitiert, die von bis zu 18 Toten sprachen. Der Polizeisprecher Zweli Mnisi sagte, es seien mehr als 30 Menschen getötet worden. Präsident Jacob Zuma sagte, er sei „bestürzt und schockiert von dieser sinnlosen Gewalt“.

In einem Bericht des privaten Fernsehsenders e.tv waren Dutzende Schüsse aus automatischen Waffen zu hören, bis ein Beamter rief: „Feuer einstellen.“ Auf den Aufnahmen waren mehrere blutüberströmte, regungslose Körper zu sehen. Zuvor hatte die Polizei die Streikenden aufgefordert, ihre Waffen - darunter Macheten und Knüppel - niederzulegen.

Als die Arbeiter die Aufforderung ignorierten, setzte die Polizei zunächst Wasserwerfer, Blendgranaten und Tränengas ein. Wenig später stürmte eine Gruppe auf die Polizisten zu, und die Beamten eröffneten das Feuer. Polizeisprecher Zweli Mnisi sagte, die Arbeiter hätten ebenfalls auf die Beamten geschossen. „Wir waren in einer Situation, in der bis zu den Zähnen bewaffnete Leute andere angegriffen und getötet haben - sogar Polizisten“, sagte Mnisi. „Was soll die Polizei in einer solchen Lage tun, wenn sie sich bewaffneten Kriminellen gegenüber sieht, die Polizisten ermorden?“

Seit dem 10. August streiken rund 3.000 Arbeiter der Mine Marikana 70 Kilometer nordwestlich von Johannesburg. Seit Sonntag starben bei den Auseinandersetzungen zwischen Streikenden und Sicherheitskräften bereits mindestens neun Menschen. Minenbetreiber Lonmin, der weltweit drittgrößte Platinproduzent, stuft den Streik als illegal ein.

Zuma sagte, im demokratischen System Südafrikas gebe es genug Raum, jeden Konflikt „durch Dialog zu lösen ohne jegliche Verstöße gegen das Gesetz oder Gewalt.“ Ein Vizepräsident von Lonmin, Barnard Mokwena, sagte zu dem blutigen Zwischenfall lediglich: „Das ist ein Polizei-Einsatz.“ Zuvor hatte die Lonmin-Geschäftsleitung erklärt, wer von den streikenden Arbeitern am Freitag nicht zur Arbeit erscheine, sei entlassen.

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4 Kommentare

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  • T
    tobias

    @antares56 Macheten und Sperre sind also keine tödlichen Waffen oder wie?

     

    Die streikenden haben sich in Tagen zuvor schon gegenseitig mit den Macheten abgeschlachtet. Es muss also erst ein Polizist getötet werden bevor die Polizei da einschreiten darf? Das passt dann gut, es sind zwei getötet worden!

     

    Was bitte hat es mit Mord zu tun, wenn sich Menschen davor schützen von einen blutrünstigen Mob ermäucheln zu lassen?

     

    Mal abgesehen davon, dass man in den Videos zu dem Vorfall deutlich sieht, dass die Streikenden schießen. Auch sieht man die (Schuss-)Waffen

     

    Einfach mal den Ball flach halte. Bildungsferne ist nichts das man zu Schau stellen muss...

  • S
    Sebastian73

    Ich bin schon etwas irritiert, wie in der deutschen Presse über dieses Blutbad berichtet wird. Nirgendwo wird erwähnt, dass früher am Tag schon zwei Menschen von den Streikenden bei lebendigem Leib verbrannt wurden. Wenn mein Mitkommentator antares56 schreibt, dass keine Polizisten getötet wurden, ist das wohl auch nicht ganz richtig, denn nach englischsprachigen Berichten waren gerade die beiden gelynchten Personen Polizisten. Außerdem war das auch keine kaltblütige Töterei. Eine Menschenmenge mit Macheten und Speeren bewaffnet stürmte urplötzlich auf die Polizisten zu, die zurückweichend auf die nur wenige Meter vor ihnen zustürmende Masse schoss, etwa 15 Sekunden lang, bis sie das Feuer wieder einstellten. Unter Massaker verstehe ich das mutwillige Töten von Hilflosen, nicht aber das Schießen in eine Gruppe mit Messern bewaffneter Angreifer. Dennoch, mit Macheten und Speeren bewaffnete Zulus sind hier nicht nur sinnlos gewaltbereit auf mit Schusswaffen bewaffnete Polizisten los, sie haben vor allem protestiert gegen diese globalisierte brutale Ausbeutung, die dieser widerliche entfesselte Kapitalismus uns auch in Deutschland gebracht hat. Wir können häufig mit den Volltagsjobs, die es hier gibt, unseren Lebensunterhalt decken. Dort schuften sie auch noch für viel zu wenig unter Tage. Deshalb verstehe ich auch diese Wut.

  • A
    antares56

    Es sind keine Polizisten getötet worden und die Streikenden hatten gar keine Schusswaffen! Gemordet wurde, wie so oft in Südafrika, nur von der Polizei!

  • E
    emil

    sogar polizisten?

    ja mensch, wenn es um diese übermenschen geht, dann muss natürlich erst recht durchgegriffen werden?!