Escape-Game von Bibliothekarinnen: Nachts allein unter Büchern

Die Stadtteilbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg hat sich ein Online-Escape-Spiel für Kinder ausgedacht. Kluge Idee – und ganz schön knifflig.

Bücherregal in einer Bibliothek

Wo bitte geht's hier zum Ausgang? Foto: picture alliance/dpa | Annette Riedl

Sport treiben, in Kinos, Bars und Restaurants gehen – wie oft hört man in diesen Tagen, wie sehr all dies fehlt. Und je länger der Lockdown andauert, desto resonanter wirken diese Sehnsüchte. Während die Klagen meist um nicht mehr existente Freizeitbeschäftigungen von Erwachsenen kreisen, vergisst man leicht, dass auch Kinder auf vieles verzichten müssen. Und wenn man sie fragen würde, was sie gerade am dollsten vermissen: Die meisten Kinder würden wohl kaum als Erstes die Bibliotheken nennen.

Dabei muss eine Bibliothek ja nicht nur ein Ort der stillen Lektüre sein. Es kann auch abenteuerlicher zugehen. Die Bibliothek Mitte veranstaltete schon vor der Pandemie sogenannte Escape-Spiele. Dabei werden Teilnehmende in einen Raum eingeschlossen. Um sich zu befreien, müssen sie verschiedene Rätsel lösen und einen Safe mit Tucholsky-Manuskripten knacken.

Im echten Leben geht so etwas natürlich gerade nicht. Die Stadtbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg bietet daher jetzt ein Escape-Spiel für Kinder online an. Alles, was man braucht, ist ein Smartphone oder ein Tablet. Das Problem ist also nicht mehr, in die Bibliothek rein-, sondern wieder aus ihr herauszukommen.

Über die App Actionbound finden sich die Spie­le­r:in­nen alleine in der dunklen Bibliothek wieder. Hinter ihnen fällt die Tür ins Schloss. Schnell begegnen ihnen allerhand sprechende Tiere, die durch die Story und eine Reihe von Rätseln führen. Ein Chamäleon etwa oder der „Berlin-Bär“ erscheinen zwischen den Regalen.

Eule Elsa ruft

Dabei verbinden sich Bild- und Tonspuren mit interaktiven Elementen. In einer Aufgabe ordnet man so zum Beispiel Romantitel ihren Au­to­r:in­nen zu. In einer anderen weckt man die schlafende Eule Elsa mit einem Eulenruf per Voice Memo. Wenn alle Rätsel gelöst sind, bekommt man zur Belohnung die Schlüssel und darf die Bibliothek verlassen.

Auffällig ist, wie detailverliebt das Spiel gestaltet wurde. Besonders niedlich erscheinen die kleinen Tiercharaktere, gesprochen von den Macherinnen des Spiels. Da kann man auch darüber hinwegsehen, dass das Spiel nicht gerade eine Virtual-Reality-Erfahrung bietet. Gestaltet haben es schließlich keine Game-Developer, sondern die Bibliothekarinnen selbst.

Und auch wenn sie das Spiel für Kinder ab der vierten Klasse konzipiert haben, sind manche Rätsel technisch gar nicht so einfach zu lösen. Für eine Aufgabe beispielsweise muss man gleichzeitig sein Handy drehen und zoomen, um die Büchertitel überhaupt lesen zu können. Vor allem bei jüngeren Kindern ist es daher empfehlenswert, zunächst mit älteren Geschwistern oder Erwachsenen gemeinsam zu spielen.

Ganz real kann man dann ab Montag wieder in die Bibliothek. Dass man dabei vergessen wird und solch ein Abenteuer blüht wie im Spiel, ist allerdings leider eher unwahrscheinlich. Im Leihbetrieb soll man seine Bücher nämlich ganz schnell ausleihen und nach spätestens einer halben Stunde wieder gehen. Mal schauen, ob sich künftig dann vermehrt Kinder in den Bibliotheken verstecken werden, um endlich wieder ein paar abenteuerliche Stunden unter Büchern zu verbringen.

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