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Archiv-Artikel

Es geistert nicht mehr im Rathaus

Die Opposition blickt „voller Freude“ Neuwahlen entgegen. SPD stellt Vorstandswahl zurück. GALier Goetsch bewirbt sich um Spitzenkandidatur

SPD-Sprecher Christoph Holstein scheint die Regierungszeit seiner Partei in schlechter Erinnerung zu haben. Bei der Pressekonferenz zum Ende des Rechtssenats in der SPD-Parteizentrale war er gestern der Einzige, dem nicht zumindest ein kleines Lächeln entschlüpfte. „Der Spuk ist endlich vorbei“, freute sich SPD-Fraktionschef Walter Zuckerer ebenso wie seine GAL-Kollegin Christa Goetsch. Die Grünen wollten „die Chance wahrnehmen, um endlich wieder Politik für Kinder und Familien in Hamburg zu machen“, sagte Goetsch. Zugleich bekräftigte die Bildungsexpertin ihre Absicht auf die Spitzenkandidatur.

SPD-Parteichef Olaf Scholz wies mit Befriedigung darauf hin, dass seine Partei mit Ex-Wirtschaftssenator Thomas Mirow bereits einen Spitzenkandidaten habe. Sogar ein Wahlplakat mit Mirow ohne Sakko konnte Scholz präsentieren. Mit den bei der Wahl Mirows beschlossenen Eckpunkten zu den Themen Bildung und Innere Sicherheit habe die SPD auch inhaltlich die Konsequenzen aus ihrem Wahldebakel vor zwei Jahren gezogen.

Der zurückhaltende Mirow übte schon für den Wahlkampf: Mit dem Platzen der Koalition sei „der unsäglichste, peinlichste und würdeloseste Senat, den das demokratische Hamburg je gekannt hat, am Ende“. Obwohl von vornherein klar gewesen sei, dass mit Schill kein Staat zu machen wäre, habe Ole von Beust mit einem Wahlergebnis von 26 Prozent unbedingt Bürgermeister werden wollen. Damit habe er der Stadt schwer geschadet.

Die Wahl eines neuen Landesvorsitzenden will die SPD laut Mirow bis nach der Bürgerschaftswahl aufschieben und sich lieber auf den Wahlkampf konzentrieren. Seit Wochen arbeite er mit Scholz und Zuckerer gut zusammen, sagte Mirow. „Es gibt keinen Grund, warum wir uns beeilen müssten.“

Der Spitzenkandidat lehnte es ab, sich auf eine mögliche Koalition festzulegen. Für den Fall einer Regierungsbeteiligung kündigte er maßvolles Umsteuern an: „Eine neue Regierung ist nicht dazu da, erstmal alles umzustoßen, was eine Vorgänger-Regierung gemacht hat.“ Korrekturen werde es beim Lehrerarbeitszeitmodell, der Streichung von 400 Lehrerstellen und beim Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) geben. Zuckerer bot an, vor Auflösung der Bürgerschaft noch einige Gesetze zu verabschieden, etwa ein neues Wahlrecht, das allerdings nicht sofort greifen würde.

Auch die GAL will korrigieren. Fraktionsvize Willfried Maier begrüßte, dass die „täglichen Ausgeflippheiten“ jetzt ein Ende hätte und „wieder seriöse Politik“ auf der Tagesordnung stünde. Goetsch erklärte: „Jetzt bleibt zu hoffen, dass Schill in die Wüste geschickt wird.“ Die CDU stehe indes vor einem „Scherbenhaufen, weil sie sich mit Schills Rechtspopulisten eingelassen hat“.

Die Fraktionschefin sieht das Scheitern des Rechtssenats als „Aufbruch zu einer Politik für Kinder und Familien“. Die Themen Bildung und Kinderbetreuung stünden für ihre Partei oben auf der Prioritätenliste. Deshalb werde ihre Fraktion die Vorlage zur Bewilligung von weiteren 20 Millionen Euro für zusätzliche Kita-Plätze „einstimmig mittragen“, über die noch vor Auflösung der Bürgerschaft abgestimmt werden kann.

Auf eine mögliche Machtübernahme fühlen sich die GALier „gut vorbereitet“, wie Vize-Landesparteichef Jens Kerstan betonte. Die Partei habe seit längerem einen „Plan B für Neuwahlen“ in Reserve. Als so gut wie sicher gilt, dass darin Goetsch als Spitzenkandidatin geführt wird. Gestern bekräftigte die Fraktionschefin ihren Willen zur Bewerbung, Konkurrenten sind nicht in Sicht. Kerstan betonte: „Die Entscheidung treffen unsere Mitglieder am 17. Januar.“ Als Koalitionspartner wünscht sich die GAL die SPD. Fraktionsvize Maier räumte jedoch ein: „Man muss sehen, was nach der Wahl möglich ist.“

gernot knödler/eva weikert