: Es geht wieder los
Die Kulturpolitik ist aus den Ferien zurück: Die Deputation ist konstituiert, im Waldau brennts - und Perschau muss sich an kleine Zahlen gewöhnen
Der neue Kultursenator, Hartmut Perschau, ist größere Summen gewöhnt. Als Wirtschafts- und Finanzressortchef sind stattliche Millionenbeträge seinem Schreibtisch nicht fremd. Das mag ein Grund für den Vorstoß sein, eine spürbare Erhöhung seines Verfügungsrahmens im Kulturhaushalt zu erreichen.
Doch die Kulturdeputation, die sich gestern für die kommenden vier Jahre konstituierte, lehnte ab. Schließlich wollte Perschau bei Nachbewilligungen bis 100.000 Euro allein entscheiden, was eine Verzehnfachung des bisherigen Betrages bedeutet hätte. „Perschau ist in den Niederungen des Kulturhaushaltes“ angekommen, kommentierte denn auch die grüne Deputierte Helga Trüpel, gleichzeitig Amtsvorvorvorvorgängerin.
Der Senator selbst nannte die Entscheidung, ihn zum Kultur- und Wirtschaftsverantwortlichen zu machen, „ungewöhnlich“. Sie sei aber bisher „meist auf ein positives Echo gestoßen“.
Zumindest positiver als die aktuelle Finanzmisere des Waller Ernst-Waldau-Theaters. Das schon früher Krisen geschüttelte Haus hat zu wenig Einnahmen, Liquiditätspläne waren gefälscht, der kaufmännische Direktor ist entlassen. Zwar kam das Thema erst unter „Verschiedenes“ zur Sprache, aber nach Einschätzung von Deputationssprecherin Carmen Emigholz (SPD) gab es „beachtliche Nachlässigkeiten“ im Finanz-Controlling der Boulevard- und Plattdeutschbühne, die die “Kulturmarketing Bremen“ (kmb) zu verantworten habe. „Wir haben auf die Problemlage sofort und verantwortungsvoll“ reagiert, kontert kmb-Geschäftsführer Volker Heller. Dass eine Sondersitzung zum Thema sinnvoll ist, scheint aber unstrittig.
Eines der heißesten Eisen wurde vertagt: Die seit langem angemahnte Reorganisation der Kulturverwaltung. Dabei hatten Gerüchte schon wissen wollen, dass die senatorische Fachverwaltung privatisiert würde und sich deren Amtsleiter, Reinhard Strömer, als Stellvertreter des kmb-Chefs wiederfinden würde. „Absurd“, sagte Heller auf Nachfrage.
Im Herbst jedoch soll tatsächlich über die zukünftigen „Strukturen in der Kulturverwaltung und Kulturförderung“ entschieden werden. Hintergrund ist die extreme Ausdünnung der Fachverwaltung: Über ein Drittel der MitarbeiterInnen fielen in den vergangenen vier Jahren durch mehr oder weniger zufällige Fluktuation fort.
Auch die Finanzplanung zur Kulturhauptstadts-Bewerbung soll bald, in einer eigenen Sitzung, behandelt werden. Die jetzt vertagte Vorlage der Kulturverwaltung sah Nachbewilligungen an die projekttragende „Bremer Marketing Gesellschaft“ (BMG) in Höhe von 426.000 Euro vor, die in der Deputation für erläuterungsbedürftig angesehen wurden. Erst müsse das inhaltliche Konzept der Bewerbung bekannt werden und geklärt sein, inwieweit die Verankerung der anvisierten Projekte in der Stadt gewährleistet sei, erklärte Emigholz.
Beginnt jetzt die Diskussion über eine “Bremen-Quote“ in der Hauptstadtsbewerbung? Zumindest beginnt wieder Kulturpolitik. Mit all ihren Kleckerbeträgen, die nichts weniger als existentiell sind. Henning Bleyl