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Erwerbstätige und ArbeitsloseZuwanderer machen mehr Jobs

Die Arbeitslosenzahlen in Deutschland steigen leicht. Doch es gibt nach wie vor Beschäftigungsaufbau, der vor allem von Migranten getragen wird.

Gefragt: Lena Muzaini, aus Palästina geflüchtete Ingenieurin, auf einer Baustelle Foto: dpa/Christian Charisius

Berlin taz | Die schwächelnde Konjunktur zeigt sich in leicht steigenden Arbeitslosenzahlen. Auch lässt die Nachfrage der Firmen nach neuem Personal etwas nach. Trotzdem steigt die Zahl der Beschäftigten nach wie vor – darunter sind auch viele MigrantInnen. Dies geht aus dem Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit für den August hervor.

„Die konjunkturelle Schwächephase hinterlässt auch am Arbeitsmarkt leichte Spuren. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung haben im August zugenommen, das Beschäftigungswachstum hält an, verliert aber an Schwung“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Detlef Scheele, am Donnerstag in Nürnberg. Die Arbeitslosenzahlen stiegen, bereinigt um saisonale Einflüsse, im August um 4.000 auf insgesamt 2.319.000 Menschen. Die Arbeitslosenquote beträgt jetzt 5,1 Prozent.

Die Erwerbstätigkeit und die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung haben zwar weiter zugenommen, aber nicht mehr so stark wie im vergangenen Jahr. Hierbei bezieht sich die Agentur auf Zahlen des Statistischen Bundesamts. Danach erhöhte sich die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Juni (neuere Zahlen gibt es nicht) im Vergleich zum Vorjahr um 515.000.

Dieser Anstieg wurde zu mehr als der Hälfte, nämlich durch 309.000 Personen, von AusländerInnen getragen. „Ausschlaggebend waren vor allem mehr beschäftigte Staatsangehörige aus den aktuellen Zuwanderungsländern, insbesondere aus den osteuropäischen EU-Staaten und den nichteuropäischen Asylherkunftsländern“, heißt es im Monatsbericht. Besonders im Bereich der qualifizierten Unternehmensdienstleistungen, in den Bereichen Gesundheit, Pflege und Soziales, Information und Kommunikation stieg die Zahl der Beschäftigten.

Zwei Drittel sehen Einwanderung als Vorteil

Auch in der herkunftsdeutschen Bevölkerung erkennt man inzwischen offenbar das Potenzial von Zuwanderern für den Arbeitsmarkt beziehungsweise für die Versorgung: Nach einer am Donnerstag veröffentlichten Bertelsmann-Studie sehen fast zwei Drittel der rund 2.000 Befragten Vorteile der Einwanderung als Mittel gegen eine alternde Gesellschaft und den Fachkräftemangel. 71 Prozent glauben, der Zuzug aus dem Ausland belaste die Sozial­systeme. Zwei Jahre zuvor vertraten noch 79 Prozent diese Meinung.

Nach Ländern betrachtet, hat die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in fast allen Bundesländern zugenommen, in den westlichen etwas mehr als in den östlichen. Am stärksten ist die Beschäftigung in Berlin mit einem Plus von 3,4 Prozent gewachsen. Der Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen bei der Bundesagentur hat im August allerdings saisonbereinigt um 8.000 abgenommen. Der Stellenindex der Bundesagentur, der sogenannte BA-X, bewege sich „weiter auf hohem Niveau, hat aber in den letzten Monaten nachgegeben“, hieß es.

Wolfgang Strengmann-Kuhn, Arbeitsmarktexperte der Grünen, erklärte zu den Zahlen, es gebe „erste Anzeichen für eine wirtschaftliche Konjunkturschwäche“. Man müsse jetzt durch eine „kluge Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik die Weichen für die Zukunft stellen“.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund stellte am Donnerstag seinen Ausbildungsreport vor, eine Befragung von 18.000 Azubis. Danach sehen sich viele der Auszubildenden durch ihre Lehren nur „unzureichend auf die digitale Arbeitswelt vorbereitet“, so der Report.

Die wirtschaftliche Entwicklung im vergangenen Jahr sei „positiv“ gewesen, die Einkommenszuwächse seien aber „höchst ungleich verteilt, die Vermögenskonzentration und damit die Spreizung nehmen zu“, sagte Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes, angesichts der Vorstellung eines Jahresgutachtens.

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6 Kommentare

 / 
  • TAZ



    "Zwei Drittel sehen Einwanderung als Vorteil"

    ARD Tageschau von heute - Bertelsmann Studie



    Deutsche bewerten Einwanderung weiter skeptisch

    Die Mehrheit 52% findet es gibt zu viele Migranten.

    Der Laie staunt der Fachmann wundert sich.

    -

    Aber eines scheint doch sicher das eine Konkurrenz durch mehr billiger Arbeitskräfte aus dem Ausland die Wirtschaft freut.

  • 8G
    83492 (Profil gelöscht)

    Der Artikel gibt sich wirklich Mühe, durch Auswahl von Zahlen aus dem Bericht dem Thema "Migration und Arbeit" den richtigen Spin zu geben.

    Zunächst wird die leicht gestiegene Arbeitslosenquote für *alle* Beschäftigten genannt. Um dann zu erwähnen, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zugenommen habe und der Anteil an der Steigerung zu mehr als der Hälfte auf Zuwanderer zurückzuführen sei. Was zur Einordnung fehlt, ist die Beschäftigungsquote für diese Gruppe. Die passt leider nicht zu den Erfolgsmeldungen:

    "Diese Quote (Arbeitslosenquote) liegt für Deutsche bei 4,7 Prozent und für alle Ausländer bei 12,2 Prozent. ... Deutlich höher fällt die Arbeitslosenquote für Staatsangehörige aus den Asylherkunftsländern mit 34,5 Prozent aus. Ähnlich verhält es sich bei der SGB II-Hilfequote. Im Mai beläuft sich diese bei Deutschen auf 6,2 Prozentund bei allen Ausländern auf 20,1 Prozent. ... Höher fällt die Quote bei den Staatsangehörigen aus den nichteuropäischen Asylherkunftsländern mit 61,3 Prozent aus" [1, S.16]

    [1] statistik.arbeitsa...n-Arbeitsmarkt.pdf

  • "..fast zwei Drittel der rund 2.000 Befragten (sehen ) Vorteile der Einwanderung als Mittel gegen eine alternde Gesellschaft und den Fachkräftemangel. 71 Prozent glauben, der Zuzug aus dem Ausland belaste die Sozial­systeme. "

    Also was denn nun, Vorteile oder Belastung? Typisch Bertelsmann Stiftung: Alle in einen Topf werfen, -polnische Krankenschwester, spanischer IT-Spezialist, westafrikanischer Hilfsarbeiter.. alles dasselbe, egal!

    Fakt ist, dass hier die Wirtschaft und Teile der Linken eine unheilige Allianz eingegangen sind: Zuwanderer machen nicht "mehr Jobs" sondern sie sind bereit unter schlechteren Bedingungen für weniger Geld zu arbeiten. Die Pflegeberufe sind hier das beste Beispiel!

    • 8G
      83492 (Profil gelöscht)
      @Maschor:

      "Also was denn nun, Vorteile oder Belastung?"

      Mein Eindruck ist, dass die Linke nicht ehrlich mit dem Thema Migration umgeht. Die progressive Linke fühlt sich verpflichtet, die universellen Menschenrechte für alle zu verwirklichen. Dabei ist Migration nach Deutschland ihr Mittel der Wahl, um möglichst vielen ein gutes Leben zu ermöglichen. Da diese gute Absicht alleine durch die riesige Zahl der Menschen denen es schlechter als dem Durchschnittsdeutschen geht nicht verwirklicht werden kann, lügt man sich selber mit der Konstruktion einer wirtschaftlichen "Win-Win" Situation in die Tasche. Und wenn die Zahlen dagegen sprechen, werden eben nur die Zahlen veröffentlicht, die die eigene Absicht stützen.

      Es ist verheerend, weil so die Thematisierung der Probleme der Zuwanderung Gruppen wie der AfD überlassen werden, die selber null Problemlösungskompetenz haben.

  • Es wäre schön, wenn alle Migranten eine Ausbildung bekommen oder eine Arbeitsstelle finden würden. Leider fehlt mir hier, wie es denn mit der Bezahlung dieser Menschen aussieht. Meine eigene Anschauung ist da nicht so gut. Das schließt sich die Frage an, ob Einwanderung der Weisheit letzter Schluss ist als Mittel gegen eine alternde Gesellschaft und den Fachkräftemangel. Was kann das für die Zukunft bedeuten? Werden viele von hier dann in dreißig Jahren nach China auswandern müssen, um da eine alternde Gesellschaft zu pflegen und den Fachkräftemangel zu beheben. Denken wir hier nicht auch den Menschen als Verfügungsmasse des Kapitals?

  • Hmmm was soll die Essenz dieses Artikels sein, der besagt dass die Arbeistlosigkeit steigt aber die Zahl beschäftigter Ausländer steigt? "Buuu Die nehmen uns die Arbeitsplätze weg"?!?