Erwartungen an PolitikerInnen: Vorsicht mit den Wünschen
Markus Söder ist laut einer aktuellen Umfrage fast schon Kanzler. Doch das öffntliche In-ein-Amt-Hineinquatschen von Personen endet selten gut.
![Söder auf ein Geländer gelehnt blickt auf ein Gewässr Söder auf ein Geländer gelehnt blickt auf ein Gewässr](https://taz.de/picture/4259105/14/Markus-Soeder-1.jpeg)
E s ist so eine Sache mit den Erwartungen an PolitikerInnen. Immer mal wieder werden einzelne HoffnungsträgerInnen für ministrabel, gar kanzlerInnentauglich gehalten. Und immer mal wieder wohnt die interessierte Öffentlichkeit wenig später deren Scheitern in der neuen Position bei.
Aktuell ist Markus Söder in dieser Lage. Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident liegt bei der Frage, wer der nächste Kanzler der Bundesrepublik werden sollte, weit, weit vorn. Diejenigen aus der Union, die bereits ihren Anspruch formuliert haben, über den CDU-Vorsitz die Kanzlerkandidatur anzupeilen, könnten nach dieser Logik einpacken. Söder wünschen sich laut einer aktuellen Umfrage zwei Drittel der BürgerInnen im Kanzleramt.
Dieses Unbedingte, das In-ein-Amt-Hineinquatschen von Personen, die aktuell vielleicht ihre Arbeit gut machen, kennt man jedoch bereits von anderen PolitikerInnen. Wir Medien spielen dabei nicht immer fair. Eine gute Geschichte, ein ungewöhnlicher Spin – für Auflagen und Quoten wird mit den Erwartungen der WählerInnenschaft hantiert. So druckvoll, dass auch die PolitikerInnen selbst leicht auf die Idee kommen könnten, ohne sie würde das Land keinen Tag länger auskommen.
Erinnert sei an Martin Schulz, der als EU-Parlamentspräsident richtig gut war. Schulz hat sich schließlich von seinen GenossInnen überzeugen lassen, nach Berlin zu gehen. Er wurde Kanzlerkandidat, Parteivorsitzender, der „Schulz-Zug“ brauste durchs Land – und nach exakt zwölf Monaten erklärte er schriftlich seinen Verzicht auf den Eintritt in die Bundesregierung.
Martin Schulz ist nur ein Beispiel. Robert Habeck sollte aus Kiel kommen, Annegret Kramp-Karrenbauer Saarbrücken verlassen, Katarina Barley nach Brüssel aufbrechen. Und nun also soll Markus Söder von der Münchner Staatskanzlei aus das Kanzleramt erobern. Was genau spricht eigentlich dagegen, eine Aufgabe, für die man in ein politisches Amt gewählt wurde, einfach solide zu erledigen?
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